01.04.2010

Atomchip für verschränkte Teilchen

Exakte Kontrolle von Quantenzuständen eines Bose-Einstein-Kondensats ebnet Weg zu genaueren Zeitmessungen und präziserer Interferometrie.

Exakte Kontrolle von Quantenzuständen eines Bose-Einstein-Kondensats ebnet Weg zu genaueren Zeitmessungen und präziserer Interferometrie.

  

Exakt kontrollierte Quantenphänomene in tiefgekühlten Gasen können zu extrem genauen Atomuhren und exakteren Messungen der Gravitationskonstante mit Interferometern führen. Eine wichtige Grundlage dafür legten nun Physiker vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching. Zusammen mit chinesischen, französischen und schweizersichen Kollegen konnten sie erstmals ein Ensemble aus miteinander verschränkten Atomen eng begrenzt auf einem nur wenige Zentimeter großen Atomchip erzeugen.

Abb.: Foto (a) und schematischer Aufbau des Atomchips (b) (Bild: Riedel et al.)

"Atomchips kombinieren eine exzellente Kohärenzkontrolle mit einem kompakten und robusten Aufbau", erläutern die Forscher um Physiknobelpreisträger Theodor W. Hänsch die Vorteile ihrer Entwicklung. Für die nun gelungene Verschränkung auf dem Atomchip kühlten die Physiker Rubidiumatome auf tiefe Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt bei minus 273,15 Grad Celsius. So entstand ein so genanntes Bose-Einstein-Kondensat, in dem Gruppen von Rubidiumatomen sich zu einer Art Superatom verknüpften. In einem Magnetfeld isoliert kontrollierten die Forscher nun die Quantenzustände dieser Atome mit kurzen Laserpulsen und Mikrowellen. Dabei erzeugten sie komprimierte Spinzustände (Spin-squeezed states), über die die Atome miteinander verschränkt werden konnten.

 

"Diese Technik könnte genutzt werden, um interferometrische Messungen um einen Faktor 2 über das Standardquantenlimit zu verbessern"; erklären die Physiker. Interferometer sind in der Physik weit verbreitete Instrumente, um beispielsweise die Gravitationskonstante extrem genau zu bestimmen. Zwar führten sie noch keine interferometrischen Messungen mit ihrem Atomchip durch, doch sollte diese Verschränkung von mehreren Teilchen den Weg zu Atomuhren ebnen, die das klassische Präzisionslimit überwinden.

 

Genauere Messungen hat sich auch das Team um Christian Gross vom Kirchhoff-Institut für Physik an der Universität Heidelberg zum Ziel gesetzt. Ebenfalls auf der Basis eines Bose-Einstein-Kondensats erzeugten sie ein Ensemble aus 170 miteinander verschränkten Rubidium-Atomen mit komprimierten Spinzuständen. "Im Prinzip erlaubt das eine Steigerung von 61 Prozent für die Phasenempfindlichkeit gegenüber der klassischen, linearen Interferometrie", berichten Gross und Kollegen.

 

Jan Oliver Löfken

 


Weitere Infos:

 

Weiterführende Literatur:

  • Kitagawa, M., Ueda, M.: Squeezed spin states. Phys. Rev. A 47, 5138–5143 (1993)
  • Wineland, D. J., Bollinger, J. J., Itano, W. M. and Heinzen, D. J.: Squeezed atomic states and projection noise in spectroscopy. Phys. Rev. A 50, 67–88 (1994)
  • Li, Y., Treutlein, P., Reichel, J. and Sinatra, A.: Spin squeezing in a bimodal condensate: spatial dynamics and particle losses. Eur. Phys. J. B 68, 365–381 (2009)

 

AL

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