Atomkraft, Kohle, Ökostrom
Aus der Wirtschaft kommen erneut Bedenken gegen den Atomausstieg in Stufen bis 2020 oder 2022. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BBE) sieht dies anders.
Atomkraft, Kohle, Ökostrom
Berlin (dpa) - Aus der Wirtschaft kommen erneut Bedenken gegen den Atomausstieg in Stufen bis 2020 oder 2022. Trotz geplanter Energie-Einsparmaßnahmen würden Haushalte und Wirtschaft auf lange Zeit nicht ohne Kernenergie und Kohle-Kraftwerke auskommen, berichtete der Elektrotechnik-Verbandes VDE. Durch neue Geräte und Anwendungen sei unter dem Strich bis 2025 ein Zuwachs beim Stromverbrauch von 30 Prozent zu erwarten, sagte VDE-Energieexperte Wolfgang Schröppel am Dienstag bei Vorlage einer Verbandsstudie in Berlin. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BBE) hält dagegen den Zuwachs an Öko-Energien bis 2020 für ausreichend, um die Atommeiler zu ersetzen.
Zur Stabilisierung des Ökostroms fordert die Windenergie-Branche jetzt eine Aufstockung der von den Verbrauchern zu zahlenden Vergütung. Diese solle für an Land erzeugten Windstrom um 1,5 Cent je Kilowattstunde auf 9,5 Cent angehoben werden, verlangte der Präsident des Bundesverbandes WindEnergie (BWE), Hermann Albers. Ohne einen solchen Ausgleich für die drastisch gestiegenen Rohstoff-Kosten wäre der Windstrom nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. So sei es 2007 bei der Installation neuer Windanlagen zu einem Einbruch gekommen, während der deutsche Export solcher Anlagen mit einem Anteil von 85 Prozent immer noch sehr gut laufe. Das Klimaschutz-Gesetz der Bundesregierung müsse im Bundestag nachgebessert werden.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte in seinem Gesetzentwurf lediglich die Hilfen für den künftigen Hoffnungsträger der Windenergie auf See (offshore) ausgedehnt, nicht aber für Windenergie an Land. Bei einem BEE-Empfang bekräftigte er am Abend das Ziel, den Ökostromanteil bis 2020 auf 25 bis 30 Prozent auszubauen. Der Anteil der «Erneuerbaren» an der Wärmeproduktion solle dann 14 Prozent erreichen, der Anteil der Biokraftstoffe 20 Prozent. Bis dahin erhoffe er sich einen weiteren Zuwachs bei den Jobs dieser Branche von jetzt 235 000 auf 400 000.
Wie Gabriel bestätigte auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), dass der Öko-Anteil beim Strom 2007 auf 14 Prozent geklettert sei nach rund 12 Prozent 2006. Nach Angaben des BDEW waren die einzelnen Energieträger daran wie folgt beteiligt: die Windenergie mit 6,4 Prozent, die Wasserkraft mit 3,3 Prozent, die Biomasse mit 3,2 Prozent, Strom aus Müllkraftwerken mit 0,7 und die Sonnenenergie mit 0,5 Prozent.
Der BDEW, zu dessen Mitgliedern auch die großen Stromkonzerne gehören, verlangte einen «effizienten» Einsatz der vom Verbraucher aufzubringenden Fördermittel an die Ökostrom-Branche. Die deutschen Stromkunden hätten 2007 mehr als 4,1 Milliarden Euro für diese Förderung aufgebracht, berichtete Verbandspräsident Werner Brinker. Zugleich äußerte er die Erwartung, dass die EU an ihrem Anfangsplan festhält, einen Handel mit Ökostromzertifikaten einzuführen. Die Brüsseler Kommission, die an diesem Mittwoch ihr Energie- und Klimaschutzpaket vorlegt, will aber ein solches System nur noch ergänzend zulassen. Deutschland, Spanien und andere Länder konnten durchsetzen, dass die nationalen Fördersysteme Vorrang behalten, damit sich kein Land durch Zertifikatskäufe eigenen Klimaschutzmaßnahmen entziehen kann.
Der Verband der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik» (VDE) geht nach Angaben seines Experten Schröppel davon aus, dass die Kernenergie im Jahr 2020 immer noch einen Anteil von 15 bis 20 Prozent der Stromerzeugung haben werde und die Kohle von 40 Prozent, sagte Schröppel. Er erwarte, dass das Atomgesetz entsprechend geändert werden müsse. Allerdings könne man den Energieverbrauch durch technologische Weiterentwicklung von Geräten und Anlagen sowie durch aktives Verhalten bei Verbrauchern in Privathaushalten und Wirtschaft deutlich senken, sagte Schröppel.