Attosekundenforschung: Tunneldynamik beeinflusst Ultrakurzzeit-Dynamik
Nichtadiabatisches Tunneln entscheidend für das Verständnis der Erzeugung hoher Harmonischer in Halbleitern.
Wenn Materie hochintensiver elektromagnetischer Strahlung ausgesetzt wird, können Nichtlinearitäten des Materials zur Emission von Licht führen, das sehr hohe Vielfache der einfallenden Frequenz enthält. Dieser Prozess wird als „High Harmonic Generation“ HHG bezeichnet und kann zur Erzeugung extrem kurzer Lichtimpulse mit einer Dauer im Bereich von Attosekunden genutzt werden. Solche Pulse bilden die Grundlage für das sich rasant entwickelnde Gebiet der Attosekundenforschung und können zur Analyse ultraschneller Prozesse in Materie verwendet werden. Eine wichtige Vision solcher Untersuchungen besteht darin, die elektronische Dynamik direkt durch das schnell oszillierende elektrische Feld des Lichts zu steuern. Dieser Bereich der Lichtwellenelektronik hat das Potenzial, optoelektronische Bauelemente enorm zu beschleunigen, was zahlreiche Anwendungen erheblich verbessern, wenn nicht gar revolutionieren würde.
Das Tunneln durch Regionen mit hohem Potenzial, die im Rahmen der klassischen Physik nicht zugänglich sind, ist ein grundlegendes Quantenphänomen. Der Prozess ist von großer Bedeutung, wenn Materie durch intensive elektromagnetische Felder angeregt wird und hohe Harmonische erzeugt werden. Obwohl es sich beim Tunneln um einen quantenmechanischen Prozess handelt, wurden bisher typischerweise vereinfachte semiklassische Methoden zur Bestimmung elektronischer Trajektorien in Halbleitern verwendet. Solche Ansätze beruhen jedoch auf Annahmen, die im Bereich der extremen Licht-Materie-Wechselwirkungen nicht erfüllt sind.
„Unsere neuartigen Quanten-Trajektorien-Simulationen verdeutlichen die entscheidende Rolle der Tunneldynamik für die Ultrakurzzeit-Dynamik und die harmonische Emission von Halbleitern. Anders als in semiklassischen Modellen berücksichtigt unser Ansatz, dass Elektronen und Löcher direkt nach dem Tunneln einen endlichen Abstand und endliche Geschwindigkeiten haben können", erklärt Ruixin Zuo von der Uni Paderborn. „Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass das Tunneln in starken elektromagnetischen Feldern kein adiabatischer, sondern ein nichtadiabatischer Prozess ist, was bedeutet, dass Elektronen und Löcher während des Tunnelns Energie aus dem elektromagnetischen Feld gewinnen", ergänzt Weifeng Yang von der Hainan Universität in China.
Die Ergebnisse des deutsch-chinesischen Teams bieten einen intuitiven Einblick in die nichtadiabatische Tunneldynamik in Festkörpern und haben direkte Auswirkungen auf die Erforschung grundlegender quantenmechanischer Phänomene in Festkörpersystemen mit Techniken der Attosekunden-Spektroskopie.
U. Paderborn / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
R. Zuo et al.: Revealing the nonadiabatic tunneling dynamics in solid-state high harmonic generation, Phys. Rev. Research 5, L022040 (2023); DOI: 10.1103/PhysRevResearch.5.L022040 - Computational Optoelectronics and Photonics, Dept. Physik, Universität Paderborn