26.06.2023 • Atome und Moleküle

Attosekundenforschung: Tunneldynamik beeinflusst Ultrakurzzeit-Dynamik

Nichtadiabatisches Tunneln entscheidend für das Verständnis der Erzeugung hoher Harmonischer in Halbleitern.

Wenn Materie hochintensiver elektro­magnetischer Strahlung ausgesetzt wird, können Nicht­linearitäten des Materials zur Emission von Licht führen, das sehr hohe Vielfache der einfallenden Frequenz enthält. Dieser Prozess wird als „High Harmonic Generation“ HHG bezeichnet und kann zur Erzeugung extrem kurzer Lichtimpulse mit einer Dauer im Bereich von Attosekunden genutzt werden. Solche Pulse bilden die Grundlage für das sich rasant entwickelnde Gebiet der Attosekunden­forschung und können zur Analyse ultra­schneller Prozesse in Materie verwendet werden. Eine wichtige Vision solcher Unter­suchungen besteht darin, die elektronische Dynamik direkt durch das schnell oszillierende elektrische Feld des Lichts zu steuern. Dieser Bereich der Lichtwellen­elektronik hat das Potenzial, optoelektronische Bauelemente enorm zu beschleunigen, was zahlreiche Anwendungen erheblich verbessern, wenn nicht gar revolu­tio­nieren würde.

Abb.: Neuartigen Quanten-Trajek­torien-Simu­la­tionen ver­deut­lichen die...
Abb.: Neuartigen Quanten-Trajek­torien-Simu­la­tionen ver­deut­lichen die ent­schei­dende Rolle der Tunnel­dyna­mik für die Ultra­kurz­zeit-Dyna­mik und die har­mo­nische Emis­sion von Halb­leitern (Symbol­bild, Bild: U. Pader­born).

Das Tunneln durch Regionen mit hohem Potenzial, die im Rahmen der klassischen Physik nicht zugänglich sind, ist ein grund­legendes Quanten­phänomen. Der Prozess ist von großer Bedeutung, wenn Materie durch intensive elektro­magnetische Felder angeregt wird und hohe Harmonische erzeugt werden. Obwohl es sich beim Tunneln um einen quanten­mecha­nischen Prozess handelt, wurden bisher typischer­weise verein­fachte semi­klassische Methoden zur Bestimmung elek­tro­nischer Trajektorien in Halbleitern verwendet. Solche Ansätze beruhen jedoch auf Annahmen, die im Bereich der extremen Licht-Materie-Wechsel­wirkungen nicht erfüllt sind.

„Unsere neuartigen Quanten-Trajektorien-Simula­tionen verdeut­lichen die entscheidende Rolle der Tunnel­dynamik für die Ultra­kurzzeit-Dynamik und die harmonische Emission von Halbleitern. Anders als in semi­klassischen Modellen berück­sichtigt unser Ansatz, dass Elektronen und Löcher direkt nach dem Tunneln einen endlichen Abstand und endliche Geschwindig­keiten haben können", erklärt Ruixin Zuo von der Uni Paderborn. „Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass das Tunneln in starken elektro­magnetischen Feldern kein adiabatischer, sondern ein nicht­adiabatischer Prozess ist, was bedeutet, dass Elektronen und Löcher während des Tunnelns Energie aus dem elektro­magnetischen Feld gewinnen", ergänzt Weifeng Yang von der Hainan Universität in China.

Die Ergebnisse des deutsch-chinesischen Teams bieten einen intuitiven Einblick in die nicht­adiabatische Tunneldynamik in Festkörpern und haben direkte Auswirkungen auf die Erforschung grund­legender quanten­mechanischer Phänomene in Festkörper­systemen mit Techniken der Attosekunden-Spektroskopie.

U. Paderborn / RK

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