Auch echte schwarze Löcher haben keine Haare
Trotz Verformung lassen sich auch schwarze Löcher in Doppelsystemen allein durch Masse, Rotation und Ladung beschreiben.
Schwarze Löcher sind erstaunlich einfache Himmelskörper: Sie lassen sich allein durch ihre Masse, ihre Rotation und ihre elektrische Ladung charakterisieren. Aufgrund fehlender weiterer Eigenschaften prägte der Physiker John Archibald Wheeler die Aussage: „Schwarze Löcher haben keine Haare“. Norman Gürlebeck vom Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation ZARM ist es gelungen, dieses „no hair theorem“ für schwarzer Löcher auch in komplexen astrophysikalischen Situationen zu beweisen. Die Folgerungen aus dieser Entdeckung sind groß: Sie erlaubt den direkten Nachweis der Existenz schwarzer Löcher mit Hilfe von Gravitationswellen, sowie Tests der Grundlagen der Gravitationstheorie.
Abb.: Ein doppeltes schwarzes Loch sendet Gravitationswellen aus. (Bild: NASA)
Bislang war das Theorem nur unter idealisierten Bedingungen bewiesen worden, in denen das schwarze Loch allein im Universum existiert und keine weiteren Sterne vorhanden sind. Diese Annahme gilt aber insbesondere nicht für schwarze Löcher, die sich in Systemen mit mehreren Objekten befinden, wie in Doppelsystemen aus einem schwarzen Loch und einem Stern oder zwei schwarzen Löchern. Das Gravitationsfeld des Begleiters führt in diesem Fall dazu, dass sich das schwarze Loch verformt. Das Phänomen ähnelt den Gezeiten auf der Erde, die durch die Anziehung des Mondes verursacht werden. Bedeutet eine solche Verformung, dass das schwarze Loch durch weitere Parameter beschrieben werden muss, es also Haare bekommen hat?
Mehrere internationale Forschungsteams gingen dieser Frage bereits nach und fanden erste Indizien dafür, dass das nicht der Fall ist. Gürlebeck konnte nun zweifelsfrei zeigen, dass trotz der Verformung der schwarzen Löcher keine weiteren Parameter zur Charakterisierung erforderlich sind. Die neue Erkenntnis ist für Gravitationsphysiker eine wichtige Grundlage zur Interpretation von Gravitationswellen, die vorrangig in Doppelsystemen entstehen. Über die Analyse dieser Gravitationswellen lassen sich schwarze Löcher in Doppelsystemen direkt nachweisen. Darüber hinaus liefert die „Haarlosigkeit“ schwarzer Löcher die Möglichkeit, Gravitationstheorien für sehr starke Gravitationsfelder zu testen.
ZARM / RK