22.12.2005

Auf 0,00004 Prozent genau!

Ein internationales Forscherteam hat die Energie-Masse Äquivalenz E = mc2 mit der bislang größten Genauigkeit überprüft.

E=mc2- auf 0,00004 Prozent genau!


Es ist die wohl berühmteste Formel der Physik: E = mc2; -  Energie ist gleich Masse multipliziert mit dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit. Mit dieser Formel beschrieb Einstein im Rahmen der Speziellen Relativitätstheorie die Äquivalenz von Masse und Energie. Jetzt hat ein internationales Forscherteam diese Äquivalenz mit der bislang größten Genauigkeit überprüft: Eventuelle Abweichungen sind kleiner als 4x10-7, das entspricht einer Genauigkeit von 0,00004 Prozent. Die Physiker veröffentlichen ihre Messungen in der aktuellen Ausgabe von "Nature".

"Diese Gleichung wird zwar weitgehend als Evangelium der Physik akzeptiert", erklärt David Pritchard vom Massachusetts Institute of Technology, einer der beteiligten Forscher. "Wir sollten uns aber daran erinnern, dass es sich nur um eine Theorie handelt. Wir können dieser Formel also nur so weit trauen, wie sie durch Experimente überprüft ist." Da die Äquivalenz von Masse und Energie eine der fundamentalen Grundlagen der Relativitätstheorie ist, hätte jede noch so geringe Abweichung enorme Auswirkungen auf die Physik. Sie könnte auch einen ersten Hinweis auf eine neue Physik jenseits des gegenwärtigen Theoriengebäudes liefern, das auf den Grundpfeilern Relativitätstheorie und Quantenmechanik aufgebaut ist. Denn diese beiden Theorien lassen sich nicht miteinander vereinbaren, müssen also letztlich in ihrer Gültigkeit beschränkt sein.

Für ihren Test des Äquivalenzprinzips nutzten die Forscher um Pritchard Isotope der Elemente Schwefel und Silizium. Führt man Schwefel-32 bzw. Silizium-28 ein Neutron zu, so fallen die so entstehenden Isotope Schwefel-33 bzw. Silizium-29 unter Aussendung von Gammastrahlen in den Grundzustand zurück. Die Energie der abgestrahlten Gamma-Photonen sollte dabei genau der Massendifferenz zwischen dem ursprünglichen Isotop (zuzüglich einem Neutron) und dem neuen Isotop entsprechen.

Die Energie der Gammastrahlen ermittelten die Physiker am Institut Laue-Langevin in Grenoble über exakte Frequenzbestimmungen mithilfe eines Bragg-Spektrometers. Dabei lassen sich die energieabhängigen Reflexionswinkel der Photonen in einem ultrareinen Siliziumkristall mit hoher Genauigkeit messen, was wiederum zu einer sehr hohen Genauigkeit der daraus bestimmten Energie der Gammaquanten führt.

Die Massenbestimmung führten die Physiker mit einer speziellen Penningfalle am MIT in Cambridge durch. In einer Penningfalle können elektrisch geladene Teilchen - in diesem Fall die Schwefel- und Silizium-Ionen - durch magnetische und elektrische Felder über eine lange Zeit gefangen gehalten werden. Die Teilchen bewegen im Inneren der Falle auf Kreisbahnen, wobei die Orbitalfrequenz von der Masse abhängt.

Um eine höhere Genauigkeit zu erreichen, speisten Pritchard und seine Kollegen jeweils ein Schwefel-32 und eine Schwefel-33-, bzw. ein Silizium-28 und ein Silizium-29-Ion gleichzeitig in die Falle ein und beobachteten sie über mehrere Wochen hinweg. Dadurch war eine genaue Messung des Massenverhältnisses unter Elimination vieler Störeinflusse - wie etwa Schwankungen der Magnetfelder - möglich.

Die Messungen an Schwefel und Silizium lieferten auf diese Weise zwei unabhängige Werte für E - Δmc2, also die Differenz aus der abgestrahlten Energie und der Massendifferenz, multipliziert mit dem Quadrat der Lichtgeschwindigkeit. Miteinander kombiniert ergibt sich ein Wert von (-1.4  ± 4.4) x 10 -7. Das Experiment von Pritchard und seinem Team ist damit 55-mal genauer als die bislang besten Überprüfungen des Äquivalenzprinzips. Die Physiker müssen also auch weiterhin darauf warten, dass sie Abweichungen von der Relativitätstheorie finden.

Rainer Kayser

Weitere Infos:

  • "A direct test of E=mc2", S. Rainville et al., Nature 438, 1096 (2005)

Weitere Literatur:

  • "Einstein und die Folgen", Spektrum der Wissenschaft Spezial 1/2005

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