26.04.2019

Auf dem Planetengrill

Aktive rote Zwerge können Planetenatmosphären überraschend schnell erodieren lassen.

Der Entdeckung tausender Planeten folgt eine der fundamentalen Fragen der heutigen Wissenschaft: Kann sich Leben auf diesen entwickeln? Eine zentrale Bedingung dafür ist die Fähigkeit der Planeten, eine Atmosphäre zu bilden und über ihre Lebenszeit zu erhalten. Forscher der Universität Wien und dem Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften haben nun gezeigt, dass speziell junge Sterne in der Lage sind, diese Schutzhülle innerhalb kürzester Zeit zu zerstören. Dies verringert die Wahrscheinlichkeit, Leben außerhalb unseres Sonnensystems zu finden, erheblich. 
 

Abb.: Künstlerische Darstellung eines jungen Zwergsterns, umgeben von drei...
Abb.: Künstlerische Darstellung eines jungen Zwergsterns, umgeben von drei Planeten (Bild: NASA / JPL-Caltech)

Bisher lag einer der Schwerpunkte bei der Suche nach habitablen Planeten, welche M-Zwerge umkreisen. Diese M-Zwerge sind zwar erheblich kleinere und kühlere Sterne als unsere Sonne, jedoch sind sie deutlich häufiger in unserer Galaxie aufzufinden. Die Sterne, um welche die Exoplaneten kreisen, sind der primäre Verursacher der atmosphärischen Erosion. Besitzt der Stern ein sehr starkes Magnetfeld, führt dies zu intensiver Emission hochenergetischer UV- und Röntgenstrahlung. Bei unserer Sonne war diese sogenannte „solare Aktivität“ in den ersten hundert Millionen Jahren ausgesprochen hoch und verringerte sich mit fortschreitendem Alter rapide. M-Zwerge können dieses extreme Aktivitätslevel jedoch für mehrere Milliarden Jahre beibehalten.

Hochenergetische Strahlung wird in den äußeren Schichten der Atmosphäre, der Thermosphäre, absorbiert und heizt diese, im Fall der Erde, auf mehr als 1000 Grad Celsius auf. In derselben Höhe befinden sich viele Satelliten und auch die Internationale Raumstation ISS, welche in etwa 400 Kilometern Entfernung die Erde umkreist. Im Falle von hochaktiven jungen Sternen oder M-Zwergen können diese Temperaturen noch weitaus höher ausfallen, sodass die aufgeheizten Gase im Extremfall an das Weltall verloren gehen. Die Geschwindigkeit, mit der dies geschieht, ist für erdähnliche Planeten bisher nur wenig unzureichend erforscht.

Forscher der Universität Wien und dem Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz haben nun zum ersten Mal die Zeitskala errechnet, in der ein erdähnlicher Planet seine Atmosphäre verliert, würde er um einen sehr aktiven Stern kreisen. Die Berechnungen zeigen, dass der Verlust der kompletten Erdatmosphäre im Extremfall in weniger als einer Million Jahre vonstatten gehen kann, was bezogen auf die Evolutionszeitskala von Planeten nahezu augenblicklich anmutet.

Diese Resultate haben schwerwiegende Auswirkungen auf das Bild der Entwicklung der jungen Erde, sowie auf die Eignung von Planeten aktiver M-Zwerge, eine Atmosphäre und somit Leben zu entwickeln. Im Falle der Erde ist die wahrscheinlichste Erklärung für das Bestehenbleiben der Atmosphäre ihre Zusammensetzung. 

Die Atmosphäre der junge Erde bestand vermutlich primär aus Kohlendioxid, das die hochenergetische Strahlung absorbierte und sie sehr effizient als Infrarotstrahlung wieder an das All abgeben konnte. Dies begrenzte die Aufheizung der äußeren Thermosphäre und den dazugehörigen Verlust der Gaspartikel. Weiter bedeutet es, dass sich die heutige Stickstoffatmosphäre erst nach mehreren hundert Millionen Jahren bilden konnte – zu einer Zeit, als die Sonne ein deutlich niedrigeres Aktivitätsniveau erreicht hatte.

Dramatischer steht es um Planeten, die M-Zwerge umkreisen. Diese könnten erst nach vielen Milliarden Jahren in der Lage sein, erdähnliche Atmosphären und Oberflächen auszubilden und zu behalten. Wahrscheinlicher ist aber, dass diese Planeten keine oder nur eine sehr dünne Atmosphäre besitzen. In beiden Fällen ist die Wahrscheinlichkeit, Zeichen von Leben auf diesen Planeten zu finden, geringer als bisher vermutet.

U. Wien / DE
 

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