04.01.2017

Auf dem Weg zum Racetrack

Skyrmionen lassen sich reprozierbar bewegen und zeigen dabei überraschende Eigenschaften.

Wissenschaftlern der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und des Massachusetts Institute of Technology (MIT) ist ein weiterer Fortschritt in der Grundlagen­forschung für mögliche Daten­speicher­technologien der Zukunft gelungen. Bereits im März 2016 hatte das Forscher­team Strukturen vorgestellt, in denen elektronische Daten wie auf magnetischen Schiebe­registern (Racetracks) in Form magnetischer Wirbel­strukturen oder Skyrmionen abgelegt werden könnten. Die Idee verspricht schnelle Zugriffszeiten und hohe Speicher­dichten bei niedrigem Energie­verbrauch. Im Rahmen eines Folge­projekts konnte nun die milliarden­fach reproduzier­bare Verschiebung von Skyrmionen zwischen verschiedenen Positionen erreicht werden, also genau der Vorgang, der im Racetrack-Schiebe­register für den Transport von Information verwendet werden soll. Damit ist ein weiterer kritischer Schritt für die Nutzung von Skyrmionen in Racetracks genommen.

Abb.: Die magnetische Struktur eines Skyrmions ist symmetrisch um dessen Kern; Pfeile zeigen die Richtung der Spins an. (Bild: B. Krüger, JGU)

Bei den Experimenten verwendeten die Forscher Dünnschicht­filme, also vertikal, nicht symmetrisch gestapelte Nano-Lagen verschiedener Materialien, die zusammen die Inversions­symmetrie brechen und so jene speziellen Spinstrukturen, die Skyrmionen, stabilisieren. Die Strukturen ähneln konzeptionell einem Haarwirbel und lassen sich ebenso schlecht entfernen. Damit sind die Strukturen jedoch auch stabiler, was ein weiteres Argument für deren Nutzung in Speicher­technologie liefert.

Da sich Skyrmionen mit elektrischen Strömen verschieben lassen und sie eine abstoßende Kraft vom Rand eines Nanodrahts wie auch von einzelnen Defekten im Material spüren, verfügen sie über die einzig­artige Fähigkeit, sich relativ störungsfrei durch ein Material zu bewegen. Gerade diese Eigenschaften sind besonders wünschens­wert für die Racetrack-Speicher, bei denen statische Lese- und Schreib­köpfe vorliegen und die magnetischen Bits an diesem vorbei­geführt werden. Damit wäre das Design zusätzlich auch extrem stoß­resistent, was für mobile Anwendungen zentral ist. Ein wichtiger Aspekt bei der Skyrmion-Dynamik ist allerdings, dass diese sich nicht nur entlang der Strom­richtung bewegen, sondern auch eine Komponente senkrecht dazu aufweisen. Dies führt zu einem Winkel zwischen Skyrmion-Bewegung und Strom­richtung, den man als Skyrmion-Hall-Winkel bezeichnet und der theoretisch vorhergesagt ist. Die Skyrmionen sollten sich demnach unter dem konstanten Skyrmion-Hall-Winkel bewegen, bis sie den Rand des magnetischen Materials spüren und dann in einem konstanten Abstand zu diesem bleiben.

Im Rahmen ihrer aktuellen Forschungs­arbeit haben die Forscher der JGU und des MIT nun zum einen bewiesen, das milliarden­fach reproduzier­bare Skyrmion-Bewegung praktisch tatsächlich möglich ist und mit hohen Geschwindigkeiten erfolgen kann. Zum anderen wurde auch der Skyrmion-Hall-Winkel näher untersucht. Dabei stellte sich überraschender­weise heraus, dass dieser von der Geschwindigkeit der Skyrmionen abhängt, also horizontale und vertikale Bewegungs­komponenten nicht in gleichem Maße mit der Geschwindigkeit skalieren. Dies wird allerdings durch die Standard-Theorien nicht vorhergesagt. Eine Deformation der Skyrmionen während der Bewegung könnte Teil der Erklärung sein, bis Skyrmionen jedoch komplett verstanden werden, bedarf es noch einiger theoretischer Arbeit.

„Es freut mich wirklich sehr, dass wir schon das zweite hoch­rangige Paper aus der Kollaboration zwischen JGU und MIT gewonnen haben. Gerade in so kurzer Zeit von nur wenigen Monaten ist das schon etwas Besonderes und ich bin froh, daran teilhaben zu können", betont Kai Litzius, Erstautor der Veröffentlichung. Litzius forscht als Stipendiat der Exzellenz-Graduierten­schule „Materials Science in Mainz" (MAINZ) in der Gruppe von Mathias Kläui. „In hoch­kompetitiven Forschungs­feldern wie dem Bereich der Skyrmionen bedeuten internationale Kooperationen mit führenden Gruppen einen strategischen Vorteil", unterstreicht Mathias Kläui, Professor am Institut für Physik der JGU und Direktor von MAINZ.

JGU / DE

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