Auf Kante gelasert
Neuartiger Quantenkaskadenlaser nutzt topologisch geschützte Randzustände zur Erzeugung von Terahertzstrahlen.
Quantenkaskadenlaser beflügeln schon seit einiger Zeit die Phantasien von Wissenschaftlern und Technikern. Gerade im sonst nur schwer zugänglichen Intervall vom mittleren Infrarot bis in den Terahertz-Bereich hat sich dieser Lasertyp in den letzten Jahren als interessante Option präsentiert. Quantenkaskadenlaser profitieren hierbei davon, dass sie Intersubband-Übergänge von Elektronen innerhalb des Leitungsbands nutzen und dadurch Frequenzbereiche erschließen können, die anderen Lasertypen verschlossen sind. Wie der Name andeutet, geben die Elektronen dabei ihre Energie in einer Kaskade von kleinen Quantenschritten ab, wobei jedes mal ein Photon frei wird. Außerdem lassen sich Quantenkaskadenlaser als Halbleiterlaser in sehr kompakter Bauform herstellen.
Dennoch hat dieser vielversprechende Lasertyp auch mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen. So sind sie äußerst anfällig gegenüber kleinen Abweichungen von der Idealform, wie sie sich bei jedem Produktionsverfahren ergeben können. Dadurch unterscheiden sich auch Geräte derselben Herstellungsreihe häufig ein ganzes Stück weit in der Frequenz. Schon lange suchen Forscher deshalb nach neuen Arten von Quantenkaskadenlasern, die gegenüber solchen Schwankungen unempfindlich ist. Ein Wissenschaftlerteam um Qi Jie Wang von der Nanyang Technological University in Singapur hat nun eine Möglichkeit gefunden, diesem Lasertyp zu besonderer Stabilität zu verhelfen. Dafür nutzten die Forscher topologische Randzustände, die in bestimmten photonischen Kristallen möglich sind. Zwar gibt es bereits andere Laser, die ebenfalls auf topologischen Zustände basieren. Aber dies ist der erste topologisch geschützte Laser, der in den Terahertzbereich vordringt.
Die Idee hinter dem neuen Lasertyp bestand darin, den Valley-Hall-Effekt als topologischen Schutz in einem Quantenkaskadenlaser einzusetzen. Die Wissenschaftler entwarfen den neuen Quantenkaskadenlaser als dreieckige Struktur, wobei ein Substrat aus Galliumarsenid auf Aluminiumgalliumarsenid als lichtverstärkendes Material wählten. In dieses Substrat bohrten sie kleine, beinahe sechseckige Löcher mit einer Gitterlänge von knapp zwanzig Mikrometern. Allerdings nur beinahe sechseckig: Um einen topologischen Unterschied herstellen zu können, waren je drei Kanten etwas länger als anderen, so dass die hexagonale Symmetrie gebrochen war. Innerhalb eines dreieckigen Bereiches kehrte sich die Orientierung der kleinen Löcher nun um, so dass sich hier topologische Randzustände ausbilden konnten. Dies lag an der gebrochenen Symmetrie des Gitters, was in der elektronischen Bandstruktur zu Tälern führte.
Ein solcher „valley photonic crystal“ (VPC) ist das photonische Analogon zu den zweidimensionalen Materialien der Valleytronic, bei denen die lokalen Minima in der elektronischen Bandstruktur genutzt werden. Allerdings lassen sich topologische Eigenschaften nicht ganz einfach von der Elektronik in die Photonik übersetzen. In der Optik spielen Effekte wie Streuung und Unordnung eine noch größere Rolle als in der Elektronik, so dass Interferenzen und Verluste auftreten können, die das gewünschte Laserverhalten schnell nachhaltig beeinflussen können.
Dank der geschickten Anordnung konnten die Forscher solche Probleme aber umgehen. Die große dreieckige Struktur fungierte als Ringresonator und führte zur Emission von Terahertzstrahlung mehrerer Wellenlängen, die ähnliche Abstände zueinander aufwiesen und bei rund 2,95 bis 3,45 Terahertz lagen. Wie die Wissenschaftler nachweisen konnten, sendete ihr Laser von verschiedenen Orten entlang des Dreieck-Rands Licht aus, wobei sich überall die gleichen Resonanzfrequenzen ergaben. Offensichtlich wanderten die Lichtwellen dank des topologischen Schutzes am Rand entlang und wurden auch von den Knicken an den Ecken des Dreiecks nicht aufgehalten.
Der topologische Schutz ließ sich eindrucksvoll nachweisen: Die Forscher führten Defekte in das Material ein – etwa durch zusätzliche Löcher –, ohne dass dies das Laserverhalten signifikant beeinflusste. Zudem ließ sich dieser Laser elektrisch betreiben und benötigte keine optische Pumpleistung. Das macht Hoffnung, solche Laser in Zukunft auch in der Anwendung zu sehen – auch wenn dafür noch einiges an weiterer Entwicklung nötig sein dürfte.
Quantenkaskadenlaser sind ein hervorragendes Beispiel dafür, dass es manchmal von der Theorie bis praktischen Umsetzung einige technologische Durchbrüche benötigt. So wurde der grundlegende Mechanismus bereits 1971 theoretisch von R. F. Kazarinov und R. A. Suris vorhergesagt. Bis zum ersten funktionierenden Laser brauchte es aber über zwanzig Jahre, da hierzu neue und verfeinerte Verfahren wie die Molekularstrahlepitaxie erforderlich waren. Wie lange nun topologisch stabilisierte Quantenkaskadenlaser bis zur kommerziellen Umsetzung auf sich warten lassen werden, lässt sich natürlich nicht exakt vorhersagen. Es wird aber mit Sicherheit weniger als zwanzig Jahre dauern.
Dirk Eidemüller
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
Y. Zeng et al.: Electrically pumped topological laser with valley edge modes, Nature 578, 246 (2020); DOI: 10.1038/s41586-020-1981-x - OptoElectronics and Biophotonics (Q. J. Wang), Nanyang Technological University, Singapur
Weitere Beiträge
- T. Ozawa et al.: Topological photonics, Rev. Mod. Phys. 91, 015006 (2019); DOI: 10.1103/RevModPhys.91.015006
- F. Gao et al.: Topologically protected refraction of robust kink states in valley photonic crystals, Nat. Phys. 14, 140 (2018); DOI: 10.1038/nphys4304
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