Auf ungleicher Wellenlänge
Schweizer Physiker fanden einen Weg, wie sich Quantencomputer über eine Glasfaser miteinander austauschen könnten.
Auf ungleicher Wellenlänge
Schweizer Physiker fanden einen Weg, wie sich Quantencomputer über eine Glasfaser miteinander austauschen könnten.
Genf (Schweiz) - Extrem schnelle und parallel rechnende Quantencomputer liegen noch weit in der Zukunft. Doch in Laboren schalten schon erste Quantenbits (Qubit) - meist tiefgekühlte, gefangene Alkaliatome - zwischen zwei Zuständen hin und her. Schweizer Physiker fanden nun auch einen Weg, wie Quantencomputer Daten über eine Glasfaser miteinander austauschen könnten. Ihre Ergebnisse, die eine prinzipielle Hürde auf den Weg zu diesen noch visionären Rechnern nimmt, präsentieren sie im Fachblatt „Nature“.
„Photonen repräsentieren den natürlichen, fliegenden Qubit-Träger für die Quantenkommunikation“, schreiben Sébastien Tanzilli und seine Kollegen von der Universität Genf. Doch für die auf Licht basierende Datenleitung durch Glasfaser sind Infrarot-Wellenlängen zwischen 1310 und 1550 Nanometer ideal. Die Zustände von den ersten Quantenbits, die die Aufgabe des Rechnens und Speicherns übernehmen sollen, werden dagegen über Licht mit Wellenlängen um 800 Nanometer kontrolliert. Hier können die einzelnen als Qubits genutzten Alkaliatome Licht absorbieren und aussenden. Auch wenn beide Module eines gesamten Quanteninformationssystem offenbar nicht auf der gleichen Wellenlänge liegen, fanden die Forscher einen Übermittlungsweg für Daten. „Wir demonstrierten einen Qubit-Transfer zwischen Photonen mit den Wellenlängen von 1310 und 710 Nanometer“, so die Autoren. Die Genauigkeit bei dieser Übertragung lag bei etwa 98 Prozent.
Für die Brücke zwischen Information leitenden Photonen und Daten speichernden Atomen griff die Gruppe um Tanzilli zu einem speziellen Prozess, der so genannten Summenfrequenzgeneration. Dabei galt es, die Verschränkung oder Quantenkohärenz der beteiligten Lichtteilchen als zentrales Element der rasanten Datenübertragung zwischen Quanten nicht zu zerstören.
Ausgangspunkt für den Demonstrationsversuch bildet eine Laserdiode, die Photonen mit einer Wellenlänge von 711,6 nm liefert - entsprechend den Wellenlängen, die ein Qubit liefern könnte. Über einen periodisch gepolten Wellenleiter aus Lithiumniobat wird abhängig von der zeitlichen Periode des Polvorgangs ein Photonenpaar mit unterschiedlichen Wellenlängen (1312 und 1555 nm) erzeugt (down-conversion). Dieses Licht kann leicht durch Glasfaser transportiert werden. In einer Faseroptik werden diese beiden Photonen voneinander getrennt. Eines wird zu Alice, das andere zu Bob geschickt. Mit diesen Vornamen benennen Physiker schon traditionell die Sender-Empfänger-Paare, die Quanteninformationen miteinander austauschen.
Obwohl jedes Photon für sich sowohl in seinem Energie- als auch in seinem Quantenzustand nicht genau bestimmt werden kann, ist die Energie beider Photonen zusammen als Paar genau definiert. Zusammen tragen sie auch die Quantenkohärenz, die ursprünglich von dem kurzwelligen Photon des Lasers stammt. An diesem Punkt wäre im Prinzip die Quanteninformation von einem Qubit bereits auf die Reise durch die Glasfaserkabel geschickt worden. Nun gilt es, diese Information beim Empfänger, Bob, auch wieder auszulesen.
Um die bestehende Verschränkung der beiden Lichtteilchen zu bestätigen, werden sie sowohl bei Alice (1550 nm) als auch bei Bob (1312 nm) analysiert. Die Wissenschaftler nutzten dazu ein Michelson-Interferometer, das aus üblichen Glasfasern, Strahlteilern und Faraday-Spiegeln besteht. Nur wenn die miteinander verschränkten, zueinander passenden Photonen nachgewiesen werden, liefern beide eine deutlich geringere Kohärenz-Länge als ein nicht verschränktes Photonenpaar des Lasers. Damit wäre die Quantenkohärenz belegt und das Photon bei Bob (1312 nm) kann seine Information wieder auf ein kurzwelliges Photon (712,4 nm) übertragen.
Hier vollzieht sich der umgekehrte Prozess wie bei der ursprünglichen Aufteilung in zwei miteinander verschränkte Photonen. (up-conversion). Über eine Optik aus nichtlinearen Wellenleitern geleitet, trifft das Bob-Photon (1312 nm) auf ein Lichtteilchen aus einem zweiten Laser (1560 nm). Dabei annihilieren die beiden Photonen unter Aussendung eines Lichtteilchens bei 712,4 nm. Dieses trägt die gleiche Quanteninformation wie das Photon von der allerersten Laserdiode (711,4 nm).
Auch wenn Tanzilli und Kollegen nicht von einem echten Qubit ausgegangen sind, haben sie mit ihrem Experiment die Übertragung von Quanteninformationen über Photonen verschiedener Wellenlängen demonstrieren können. Damit funktionieren im Prinzip die wichtigen Interfaces zwischen Quantencomputern. Eine Anpassung an etwas von 711,4 nm abweichende Wellenlängen, wie sie in Qubit-Experimenten vorkommen, halten sie nun für möglich.
Jan-Oliver Löfken
Weitere Infos:
- Originalveröffentlichung:
S. Tanzilli et al., A photonic quantum information interface, Nature 437, 116 (2005).
http://dx.doi.org/10.1038/nature04009 - Universität Genf:
http://www.unige.ch - Institut für Angewandte Physik:
http://www.gap-optique.unige.ch - Arbeitsgruppe Quantenoptik:
http://www.gap-optique.unige.ch/Projects/Quantum/LookUp.asp?Group=2 - Spezielle Dokumente und Informationen zum Thema Quantencomputer finden Sie ganz einfach mit der Findemaschine, z. B. in der Kategorie Quantenoptik.
Hintergrund Quantencomputer:
- Arbeitsgruppe Quantenoptik, Universität Innsbruck:
http://heart-c704.uibk.ac.at/index.html - Quantenexperimente Universität Wien:
http://www.quantum.univie.ac.at - Quanteninformation, Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Quanteninformation
Weitere Literatur:
- Tittel, W. & Weihs, G. Photonic entanglement for fundamental tests and quantum communication. Quant. Inform. Comput. 1, 3-56 (2001).
- Marcikic, I. et al. Distribution of time-bin entangled qubits over 50 km of optical fiber. Phys. Rev. Lett. 93, 180502 (2004).
- Tanzilli, S. et al. PPLN waveguide for quantum communication. Eur. Phys. J. D 18, 155-160 (2002).