Auflösungsschub für Mikroskope
Verspiegelte Objektträger ermöglichen deutlich schärfere Bilder.
Die Schärfe von Lichtmikroskopen ist aus physikalischen Gründen begrenzt: Strukturen, die näher beieinander liegen als 0,2 Mikrometer, verschwimmen ineinander – sie lassen sich nicht mehr voneinander unterscheiden. Ursache dieser Unschärfe ist die Beugung, sie sorgt dafür, dass Lichtstrahlen sich nicht beliebig fein bündeln lassen. Jedes punktförmiges Objekt wird daher nicht als Punkt, sondern als Fleck abgebildet. Mit mathematischen Methoden lässt sich das Auflösungsvermögen dennoch deutlich verbessern. Dazu berechnet man aus der Helligkeitsverteilung des Flecks sein exaktes Zentrum. Das funktioniert aber nur, wenn zwei nah benachbarte Punkte des Untersuchungsobjekts zunächst nicht gleichzeitig, sondern nacheinander sichtbar sind, und erst später in der Bildbearbeitung zusammengeführt werden. Durch diese zeitliche Entkopplung wird eine Überlagerung der Flecken verhindert. Forscher in den Lebenswissenschaften nutzen dieses Verfahren seit einigen Jahren zur superhochauflösenden Lichtmikroskopie von Zellen.
Eine Variante dieses Verfahrens, das an der Uni Würzburg in der Arbeitsgruppe von Markus Sauer entwickelt wurde, ist die dSTORM-Methode. Hierfür werden bestimmte Strukturen – zum Beispiel eine Pore eines Zellkerns – mit fluoreszierenden Farbstoffen angefärbt. Jedes der Farbstoff-Moleküle blinkt in unregelmäßigen Abständen auf und repräsentiert einen Teil der Pore. Das Bild der kompletten Kernporen ist also zunächst nicht sichtbar, sondern entsteht erst nach der Bildbearbeitung durch die Überlagerung mehrerer tausend Bilder.
Mit dem dSTORM-Verfahren lässt sich die Auflösung eines herkömmlichen Lichtmikroskops um den Faktor zehn steigern. „Dadurch ist zum Beispiel die Architektur einer Zelle bis auf Molekül-Niveau sichtbar“, erklärt Hannah Heil aus der Gruppe von Katrin Heinze am Rudolf-Virchow-Zentrum der Uni Würzburg. Sie konnte die Methode nun zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen noch einmal entscheidend verbessern: Mit Hilfe eines einfachen Tricks ist es ihnen gelungen, die Auflösung nahezu zu verdoppeln. Dazu bedampften sie ein Deckglas, auf dem die Zelle während der Beobachtung liegt, mit einer dünnen spiegelnden Nanobeschichtung, die aus Silber und transparentem Silizium-Nitrit bestand. Die Beschichtung ist biokompatibel, schädigt also die Zelle nicht. Mit dieser Methode erzielten die beiden Arbeitsgruppen zwei Effekte: Einerseits reflektierte der Spiegel das von der Pore ausgestrahlte Licht zurück zum Mikroskop, wodurch sich die Helligkeit des Fluoreszenzsignals erhöhte und somit ebenfalls die effektive Bildschärfe.
Dazu kommt ein zweites Phänomen: Die ausgestrahlten und die reflektierten Lichtwellen überlagern sich. Dadurch entstehen Interferenzen. Dabei wird je nach Entfernung zum Spiegel das Licht verstärkt oder abgeschwächt. „Auf diese Weise sehen wir vor allem Strukturen in einer bestimmten Bildebene“, sagt Heil. „Alles was sich darüber oder darunter befindet und das Bild eventuell stören könnte, wird dagegen ausgeblendet.“ Damit genau die gewünschten Bildteile sichtbar werden, muss die Dicke der auf den Spiegel aufgebrachten transparenten Lage passend gewählt werden. Heinze und Heil nutzen unter anderem Computer-Simulationen, um die Beschichtung je nach Objekt maßzuschneidern.
Insgesamt sei die Methode erstaunlich leicht anzuwenden, betont Heil. Und Heinze ergänzt: „Abgesehen von dem beschichteten Träger, dessen Herstellung kaum etwas kostet, benötigt man keine zusätzliche Mikroskopie-Hardware oder Software, um die Auflösung zu steigern. Das Verfahren ist also ein fantastisches Add-On für die moderne Mikroskopie.“
JMU / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
H. S. Heil et al.: Sharpening emitter localization in front of a tuned mirror, Light: Science and Applications 7, 99 (2018); DOI: 10.1038/s41377-018-0104-z - Biotechnologie und Biophysik (M. Sauer), Fklt. für Biologie, Julius-Maximilians-Universität Würzburg
- Molekulare Mikroskopie (K. Heinze), Rudolf-Virchow-Zentrum für experimentelle Biomedizin, Julius-Maximilians-Universität Würzburg