19.09.2017

Aussichtsreiche Astrophysik

Der Rat deutscher Sternwarten gibt in seiner aktuellen Denkschrift Empfehlungen für die Astrophysik in Deutschland.

„Von den Anfängen des Kosmos bis zu Lebensspuren auf extrasolaren Planeten“ – das ist die riesige Spannbreite aktueller astrophysikalischer und astronomischer Forschung, zu welcher der Rat deutscher Sternwarten Mitte September eine neue Denkschrift verfasst hat. Diese zeigt die Perspektiven der Astrophysik in Deutschland in den Jahren 2017 bis 2030 auf und soll die Öffentlichkeit sowie Vertreter der Forschungspolitik über die Ergebnisse des Forschungsfeldes informieren. Insbesondere enthält sie Empfehlungen zur Förderung künftiger Projekte. Die Denkschrift basiert auf 20 Strategiepapieren aus den unterschiedlichen Teilgebieten der Astrophysik und Astronomie.

Seit den ersten drei Denkschriften aus den Jahren 1962, 1987 und 2003 ist eine beeindruckende Entwicklung zu konstatieren: Forschende in Deutschland waren an zahlreichen wissenschaftlichen Durchbrüchen beteiligt, oft in führender Rolle. „Wir sind international präsent und gewinnen an Einfluss, auch innerhalb der Physik in Deutschland“ freut sich Matthias Steinmetz vom Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam, der Vorsitzende des Rats deutscher Sternwarten. „Alles in allem stehen wir gut da, könnten aber mit moderatem Aufwand noch besser werden.“ Ein erster wichtiger Schritt war aus seiner Sicht das neue BMBF-Rahmenprogramm „Erforschung von Universum und Materie“, das mit seiner Laufzeit von zehn Jahren den Anforderungen der Astronomie, vor allem den langen Bauzeiten der Infrastrukturen, gerecht wird.

Optimierungsbedarf stellt die Denkschrift dagegen bei der Koordination von weltraum- und bodengestützter Forschung fest, da das Weltraumprogramm vor einigen Jahren vom BMBF in das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie verlagert wurde. Dies erfordere eine vorausschauende Koordinierung beider Programme, da beispielsweise künftige Satellitenmissionen häufig auf die Vor- und Nachbereitung durch erdgebundene Teleskope angewiesen seien. Bedenken gibt es auch beim langfristigen Betrieb von Großprojekten außerhalb von ESO und ESA. „Bei außeruniversitären Partnern sind die Zuständigkeiten klar geregelt. In Universitäten ist es aber ungleich schwieriger, eine Zusage für die Betriebskosten über 30 Jahre zu erhalten“, führt Matthias Steinmetz aus.

Ein anderes Problem an den Universitäten sei der zurückgehende Mittelbau. Große Infrastrukturen erfordern den Mittelbau für die Entwicklung der Instrumentierung oder neuer Simulationsverfahren, heißt es in der Denkschrift. „Wenn der Mittelbau an den Universitäten weiter zurückgeht, besteht die Gefahr, dass sich die Universitäten an solchen Projekten nicht mehr beteiligen, weil sie zu ressourcenintensiv sind“, fürchtet Matthias Steinmetz. Wichtig seien daher planbare Tenure-Track-Modelle und langfristige Mittelbaustellen, um den besten Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern klare Karriereperspektiven zu bieten.

Für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der astronomischen Forschung in Deutschland sei es unabdingbar, den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern den Zugang zu internationalen Großforschungsstrukturen zu garantieren. Daher empfiehlt die Denkschrift unter anderem die Beteiligung an Projekten wie dem La-Silla-Paranal- und dem ALMA-Observatorium, am Square Kilometer Array, am Europäischen Sonnenteleskop, am Cherenkov Telescope Array oder an den Projekten des Cosmic-Vision-Programms der ESA. Hinzu kommt der Ausbau der Zentren für Hoch- und Höchstleistungsrechner sowie die Entwicklung von Strategien für den Umgang mit Daten. Davon könnten auch andere Bereiche profitieren, wie Matthias Steinmetz erläutert: „In der Astronomie haben wir viele, echte Daten, aber keine Probleme mit dem Datenschutz. Das macht unsere Daten zu einer idealen Spielwiese und Entwicklungsplattform für intelligente Datenstrukturen.“

Maike Pfalz

 

 

 

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