15.12.2014

„Ballis­tische Spin­verstär­kung“ nach­ge­wie­sen

Erstmals Elektronenspins in zwei-dimen­sio­nales Elek­tronen­gas inji­ziert – mit viel­fach höhe­rer Effi­zienz als theo­re­tisch vor­her­gesagt.

Die Nachfrage nach immer besseren Transistoren ist riesig. Weltweit arbeitet man daher an neuen Konzepten, um die Leistungs­fähigkeit von Halbleiter­bau­elementen zu verbessern. Hoffnungen ruhen auf der Entwicklung einer Spin­elektronik, die den Eigen­dreh­impuls der Elektronen zusätzlich zu deren elektrischer Ladung nutzt. Bislang war es aber nicht möglich, die Elek­tronenspins wirkungsvoll in ein zwei-dimensionales Elektronengas – Herzstück der modernsten Transistor­technologien – zu injizieren. Physikern der Uni Regensburg ist dies nun erstmals gelungen; mit über­raschendem Ergebnis: Die Effizienz lag um ein Vielfaches höher als von der Theorie vorhergesagt.

Abb.: Die ferromagnetischen (FM) Injektor- und Detektor­kontakte sind mit Pfeilen markiert. Durch einen der ferro­magne­tischen Kontakte fließt ein Strom I und injiziert einen Spinstrom in das Elektronengas. (Bild: UR)

Herkömmliche Transistoren nutzen ausschließ­lich die Ladung von Elektronen, um den Strom­fluss zu kontrollieren und auf diese Weise logische Operationen auszuführen. In der Spin­elektronik versucht man auch den Elek­tronen­spin zu nutzen, indem man die entsprechenden Eigenschaften der Elektronen manipuliert. Deren magnetisches Moment orientiert sich entweder parallel (spin-up) oder anti-parallel (spin-down) zu einem extern angelegten Magnetfeld.

Um diesen quantenmechanischen Effekt in nicht­magnetischen elektrischen Bauelementen einsetzen zu können, müssen die Elektronenspins zunächst einmal eingebracht werden. Dies geschieht beispielsweise durch einen elektrischen Strom, der durch zwei ferro­magnetische Kontakte in den Halbleiter fließt und dadurch mehr Spins der einen als der anderen Sorte (spin-up oder spin-down) in den Halbleiter injiziert: Ein Spinstrom fließt somit im Halbleiter.

Von einer effizienten Nutzung in Transis­toren war man bislang allerdings noch entfernt. Hierfür müssen die Elektronenspins in ein zwei-dimensionales Elektronengas injiziert werden. Solche Elektronengase, deren Ladungs­träger­dichte über eine Gate­elektrode gesteuert werden kann (Feld­effekt), sind das Herzstück der CMOS (complimentary metal oxide semiconductor) Transistor­technologie; heutzutage die meistgenutzte Technik für integrierte Schaltkreise.

Regensburger Forschern um Mariusz Ciorga, Dominiqe Bougeard und Dieter Weiss gelang es, Elektronenspins mit hoher Effizienz in ein zweidimensionales Elektronengas in einer Gallium­arsenid-Halb­leiter­schicht­struktur einzubringen. Sie konnten in ihren Experimenten die Spininjektion mit Hilfe einer angelegten Spannung steuern. Diese war maximal, wenn Elektronen aus einem ferromagnetischen Kontakt direkt in den zweidimensionalen Kanal injiziert werden konnten und nicht vorher zwischen Gate und Kanal „hängenbleiben“.

Die Ursache für diesen Verstärkungseffekt hängt nach Ansicht der Forscher mit der ballistischen Bewegung der Elektronen im Bereich der Injektions­stelle zusammen. Die Elektronen bewegten sich unter den experimentellen Bedingungen eher wie Kugeln in einem Flipper­automaten, also ballistisch, und nicht – wie bislang angenommen – diffusiv, wie zum Beispiel ein Tropfen Milch im Kaffee. Der Nachweis der „ballis­tischen Spin­verstärkung“ ist ein weiterer wichtiger Schritt hin zur Nutzung des Elektronen­spins für zukünftige Technologien

UR / OD

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