Batterie-Elektroden realistisch simulieren
Kombination aus Synchrotron-Tomographie und Elektronenmikroskopie liefert Strukturparameter für Computermodelle.
Einen neuen Ansatz, um Batterie-Elektroden am Computer noch realistischer zu modellieren, hat ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Helmholtz-Zentrums Berlin für Materialien und Energie entwickelt. Die Forscher kombinierten dafür Synchrotron-Tomographie-Aufnahmen, die die dreidimensionale Struktur mikrometergenau abbilden, mit Elektronenmikroskopie-Aufnahmen, die in einem kleinen Ausschnitt sogar Nanostrukturen auflösen. Mit einem mathematischen Modell konnten sie diese Nanostrukturen auf Bereiche außerhalb des Ausschnitts übertragen. Dadurch lassen sich Eigenschaften und Prozesse in Batterie-Elektroden nun höchst realistisch simulieren.
Abb.: Eine Rasterelektronenmikroskopie-Aufnahme von kleinen Bereichen der Elektrode zeigte Details auf Nanometer-Skala. (Bild: L. Zielke, S. Thiele, HZB)
Batterien müssen noch leichter, leistungsfähiger und günstiger werden, um eines Tages in großem Maßstab Autos anzutreiben oder Strom aus Wind und Sonne zu speichern. Eine Möglichkeit, die Entwicklung zu beschleunigen, ist das „Virtual Materials Design“: Mit einem geeigneten Computerprogramm lassen sich unterschiedlichste Materialstrukturen virtuell herstellen und austesten, so die Idee. Das Problem liegt allerdings in der fehlenden Realitätsnähe. „Das Material, das man am Computer erfindet, muss ja letztendlich auch in der Realität herstellbar sein“, erklärt Ingo Manke vom HZB, „das geht aber nur, wenn es auf realen Strukturparametern beruht.“
Um Materialsysteme für Batterie-Elektroden auf Basis realer Strukturparameter im Computer zu modellieren, haben Manke und seine Kollegen zwei verschiedene tomographische Verfahren zu einem multiskaligen Ansatz kombiniert. Zunächst analysierten sie eine moderne LiCoO2-Batterie-Elektrode mit Synchrotron-Tomographie an BESSY-II, so dass sie Informationen zur dreidimensionalen Struktur auf der Mikrometer-Skala erhielten. Zusätzlich erfassten sie mit einem Rasterelektronenmikroskop mit fokussiertem Ionenstrahl die noch tausendmal feinere Nano-Struktur, allerdings nur in einem sehr kleinen Ausschnitt des Materials. Mit einem mathematischen Modell, entwickelt von Dean Wheeler von der Brigham Young University im US-Bundestaat Utah, gelang es, diese Informationen über die Nanostruktur auf die viel größere Struktur aus dem Synchrotron-Tomogramm zu übertragen.
„Das kann man sich in etwa wie bei einer Tapete vorstellen, deren feine Struktur sich immer wiederholt und so die gesamte Wand bedeckt. Nur dass sich die Struktur in diesem Fall nicht wiederholt, sondern immer wieder anders berechnet wird“, erklärt Manke. Der neue Ansatz ermöglicht es, Strukturen, die in echten Batterien vorkommen, sehr realitätsgetreu in ein Computermodell zu überführen, so dass sich wichtige Prozesse wie die Strom-Verteilung oder der Ionen-Transport virtuell untersuchen lassen. Im nächsten Schritt sollen diese modellierten Strukturen nun schrittweise verändert werden, um etwa die Strom-Verteilungen oder den Ionen-Transport zu verbessern. „Letztlich soll die Struktur, die wir am Computer optimiert haben, auch im Labor hergestellt werden können, dann werden wir testen, wie gut das Verfahren wirklich funktioniert“, so Manke.
HZB / RK