12.08.2016

Bauplanung fürs Zellskelett

Neues Modell beschreibt Mechanismen bei der Umstrukturierung von Mikrotubuli.

Zellen höherer Organismen sind von röhrenförmigen Strukturen – sogenannten Mikrotubuli – durchzogen, die als Teil des Zellskeletts an vielen lebenswichtigen Prozessen beteiligt sind. Damit das Zell­skelett seine Funktion erfüllen kann, muss die Zelle es immer wieder flexibel umbauen. An dieser Umstrukturierung sind mehrere Proteine beteiligt, die die Mikro­tubuli zum Wachsen und Schrumpfen bringen. Wissenschaftler um Erwin Frey von der Ludwig-Maximilians-Universität München konnten nun mithilfe eines neuen theoretischen Modells die Mechanismen aufklären, mit denen diese Proteine ihren Einsatzort sehr effizient erreichen.

Abb.: Skizze des Modells (Bild: E. Reithmann et al.)

Die Umstrukturierung der Mikrotubuli funktioniert nur, wenn die regulierenden Proteine an deren Ende binden – keine leichte Aufgabe, da der Mikro­tubulus viel größer ist als die Proteine und tausende potenzieller Bindeplätze bietet. „Experimentelle Studien haben für zwei Proteine gezeigt, dass diese sich diffusiv, also scheinbar völlig zufällig, auf den Mikro­tubuli bewegen“, sagt Emanuel Reithmann. „Mithilfe unseres neuen theoretischen Modells konnten wir diese experimentellen Daten sehr gut widerspiegeln und zeigen, dass die diffusive Bewegung den Proteinen hilft, an das Molekül­ende zu gelangen.“

Entscheidend ist allerdings noch ein zweiter Faktor: Die Proteine müssen das Ende des Mikro­tubulus erkennen und dann ihre diffusive „Irrfahrt" beenden. Geschieht dies nicht, verschwindet der Effekt. Theoreme aus der theoretischen Physik legen nahe, dass zum Stoppen der diffusiven Bewegung Energie benötigt wird. „Daher gehen wir davon aus, dass das Molekül­ende eine Reaktion auslöst, die wahrscheinlich unter Energie­verbrauch die Struktur der regulierenden Proteine ändert und sie dadurch stoppt“, sagt Reithmann. „Diese Hypothese könnte man nun in Experimenten weiter untersuchen, um dadurch die Dynamik der Mikro­tubuli besser zu verstehen.“ Die Wissenschaftler sind überzeugt, dass ihr Modell auch auf andere Systeme – etwa DNA-bindende Moleküle – anwendbar ist. Der Ansatz liefert zudem allgemein neue Einblicke in physikalische Systeme, die sich nicht im thermischen Gleich­gewicht befinden.

LMU / DE

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