Baustein des Lebens mit langer Reise
Phosphormonoxid zeigt interstellare Herkunft von Sternentstehungsregion über Kometen bis zur Erde.
Phosphor gehört zu den Grundbausteinen des Lebens und ist unter anderem in der DNA und in den Zellmembranen vorhanden. Nicht geklärt war bis jetzt jedoch, wie Phosphor auf die Erde gelangte, als hier vor vier Milliarden Jahren Leben entstand. Erstmals konnten nun Forscher unter Beteiligung der Universität Bern nun zeigen, dass phosphorhaltige Moleküle sich in den Entstehungsgebieten von Sternen bilden und wohl mit Kometen auf die Erde gelangten.
Neue Sterne und Planetensysteme entstehen in wolkenähnlichen Regionen aus Gas und Staub zwischen Sternen. So sind diese interstellaren Wolken der ideale Ort, um mit der Suche nach den Bausteinen des Lebens zu beginnen. „Leben entstand vor etwa vier Milliarden Jahren auf der Erde, aber wir wissen immer noch nicht, welche Prozesse dies überhaupt möglich gemacht haben“, sagt Víctor Rivilla vom Nationalen Institut für Astrophysik INAF in Florenz. Wie die neue Studie der Wissenschaftler zeigt, ist Phosphormonoxid ein Schlüsselteil im Puzzle der Entstehung des Lebens. Beteiligt an der Studie waren auch Forscher der Universität Bern, unter anderen die emeritierte Professorin Kathrin Altwegg vom Physikalischen Institut und Maria Drozdovskaya vom Center for Space and Habitability (CSH).
Auf der Hochebene Chajnantor in der chilenischen Atacama-Wüste betreibt die Europäische Südsternwarte ESO gemeinsam mit internationalen Partnern das Riesenteleskop Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array ALMA. Die Beobachtungsstation besteht aus 66 Präzisionsantennen, die zu einem Interferometer-Radioteleskop zusammengeschaltet werden. ALMA erlaubt einen detaillierten Blick in die Sternentstehungsregion AFGL 5142.
Die ALMA-Beobachtungen zeigten nun erstmals, wie sich phosphorhaltige Moleküle wie etwa Phosphormonoxid bilden, wenn neue Sterne entstehen. Maria Drozdovskaya erklärt: „Gasflüsse von jungen massereichen Sternen öffnen Hohlräume in den interstellaren Wolken, und entlang der Wände dieser Hohlräume entstehen dank fotochemischer Prozesse phosphorhaltige Moleküle“. Die Forscher konnten auch zeigen, dass Phosphormonoxid das dort am häufigsten vorkommende phosphorhaltige Molekül ist.
In den Regionen, wo neue Sterne entstehen, kann das Phosphormonoxid ausfrieren und im Eis, das die Staubkörner in der interstellaren Wolke umgibt, gefangen werden. Noch bevor sonnenähnliche Sterne voll ausgewachsen sind, verbinden sich die eisigen Staubkörner zu Kieselsteinen, zu Bausteinen von Planeten als auch zu Kometen.
Um die interstellare Reise von Phosphormonoxid zu verfolgen, kombinierten die Forscher die ALMA-Daten mit Daten des Berner Massenspektrometers Rosina, das an Bord der ESA-Raumsonde Rosetta Daten des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko gesammelt hatte. Kathrin Altwegg erklärt: „Wir hatten zuvor in den Rosina-Daten Hinweise auf Phosphor gefunden, wussten aber nicht, welches Molekül den Phosphor zum Kometen gebracht hatte.“ Auf einer Konferenz sei sie von einer Astronomin, die mit ALMA Entstehungsgebiete von Sternen untersucht, angesprochen worden: „Die Forscherin sagte, dass Phosphormonoxid ein sehr wahrscheinlicher Kandidat wäre; also ging ich zurück zu unseren Rosina-Daten, und da war es!“
„Phosphor ist essenziell für das Leben, wie wir es kennen“, fügt Altwegg hinzu. „Kometen haben höchstwahrscheinlich große Mengen an organischen Verbindungen zur Erde gebracht. Die Dokumentation der Reise von Phosphormonoxid stärkt diese Verbindung zwischen Kometen und dem Leben auf der Erde.“
Die interstellare Reise des Phosphormonoxids aus den Sternentstehungsgebieten bis zur Erde konnte dank interdisziplinärer Zusammenarbeit dokumentiert werden, wie Altwegg betont: „Der Nachweis von Phosphormonoxid war nur möglich dank der Kombination von ESO-Daten vom Teleskop ALMA am Boden mit solchen von ESA-Daten vom Rosina-Instrument im Weltraum.“
U. Bern / DE