10.12.2015

Beschichtete Zellulosefaser für Superkondensatoren

Neuartiges Strom-Papier leitet Elektronen und Ionen ungewöhnlich gut und lässt sich über ein einfaches Produktionsverfahren fertigen.

Die derzeit leistungsfähigsten Stromspeicher sind Lithiumionen-Akkus verschiedenster Zusammensetzung. Doch ihre Langlebigkeit leidet bei kurzer, starker Beanspruchung. Daher könnten sie in Zukunft um Superkondensatoren ergänzt werden, die sich binnen weniger Sekunden auf- und entladen und damit Leistungs­spitzen abdämpfen können. Ein wichtiger Schritt zur Praxisreife von Super­kondensatoren gelang nun einer schwedischen Arbeitsgruppe an der Linköping Universität in Norrköping. Die Wissenschaftler um Xavier Crispin fertigten ein neuartiges Strompapier aus Zellulose­fasern mit bisher einzigartigen elektrischen Eigenschaften. Damit halten sie es für möglich, dank ihres einfachen Herstellungs­verfahrens – vergleichbar mit der ausgereiften Papier­produktion – bald dickere Super­kondensatoren mit höherer Speicher­kapazität als bisher entwickeln zu können.

Abb.: Strom-Papier aus beschichteten und vernetzten Zellulosefasern (Bild: T. Balkhed, Linköping University)

Zwar lassen sich schon heute verschiedene Super­kondensatoren aus hauchdünnen Schichten etwa auf der Basis von Graphen fertigen. Doch nun könnten dickere Schichten für voluminösere, dreidimensionale Super­kondensatoren Wirklichkeit werden. Crispin vom Labor für Organische Elektronik griff zusammen mit seinen Kollegen zu 20 Nanometer feinen Zellulosefasern, die er ähnlich wie bei der Papierproduktion zu einem Netzwerk verknüpfte. Zuvor wurden die Zellulosefasern in einem nasschemischen Verfahren mit elektrisch leitfähigen Polymeren – dem Poly­styrol­sulfonat PEDOT und Dimethyl­sulfoxid – beschichtet. So entstanden 60 bis 8.500 Mikrometer dicke Strom-Blätter und -Pappen, die sich problemlos biegen und hunderte Male falten ließen, ohne ihre elektrischen Eigenschaften einzubüßen.

Abb.: Gewellte Stücke aus Strom-Papier speichern genug Strom für eine kleine Glühlampe (Bild: T. Balkhed, Linköping University)

Dieses Strom-Papier zeigte eine ausgesprochen gute Leit­fähigkeiten sowohl für Elektronen (140 Siemens/Zentimeter) als auch für Ionen (20 Millisiemens/Zentimeter), die in dieser Kombination bislang einzigartig sind. Binnen weniger Sekunden ließ sich ein kreisrundes Stück Papier – Durchmesser 15 Zentimeter - elektrisch aufladen und lieferte in einem Versuch genug Strom, um eine kleine Glühlampe zum Leuchten zu bringen. Der Prototyp erreichte dabei eine elektrische Ladung von 1,2 Coulomb bei einer hohen Kapazität von zwei Farad. Und diese für Kondensatoren bereits guten Werte könnten in Zukunft mit dickeren oder gestapelten Strom-Papier-Blättern weiter erhöht werden.

In einem kommenden Entwicklungs­schritt soll nun eine Papiermaschine für die günstige Produktion größerer Mengen des Strom-Papiers entwickelt werden. Damit könnten sich diese Art von Superkondensatoren als eine sinnvolle Ergänzung zur derzeit dominierenden Lithiumionen-Technologie etablieren. Zwar erreichen Super­kondensatoren längst nicht die hohe Speicher­kapazität von Akkus, dafür lassen sie sich viel schneller auf und entladen. Dank dieser Eigenschaft könnten sie in Phasen hoher Beanspruchung Lithiumionen-Akkus deutlicht entlasten und so deren beschränkte Lebensdauer signifikant erhöhen.

„Der Einsatz von Superkondensatoren ist rein technisch längst überfällig“, sagt auch Clemens Triebel, Experte für Stromspeicher und Gründer des Berliner Speicherunternehmens Younicos. Denn sie könnten Akkusysteme vor Ladespitzen schützen, die bisher die Langlebigkeit drastisch reduzieren. Das Strom-Papier wäre ein Kandidat für diese von Triebel gewünschten Hybridsysteme. Doch auch andere Ansätze wie etwa Super­kondensatoren auf der Basis hauchdünner Kohlenstoffschichten aus Graphen zeigten in den Laboren bereits viel versprechende Werte. Welches System letztendlich den Weg zum Serien­tauglichkeit von Super­kondensatoren und Hybrid-Stromspeichern ebnen wird, ist noch nicht absehbar. Doch die Variante des Strom-Papiers hätte wegen geringer Material- und Fertigungskosten durchaus gute Chancen.

Jan Oliver Löfken

DE

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