18.08.2020

Beteigeuze strahlt wieder hell

Monatelange Verdunkelung lag wohl an selbst ausgestoßener Staubwolke.

Beteigeuze strahlt als heller Stern im Sternbild Orion. Er gehört zur Klasse der roten Überriesen und würde im Zentrum unseres Sonnen­systems bis über die Jupiter­bahn hinausreichen. Im Herbst 2019 begann eine plötzliche Verdunklung des Sterns, die zunächst mit Teleskopen und später sogar mit bloßem Auge von der Erde sichtbar wurde – und die Wissenschaft zunächst vor ein Rätsel stellte. Der Stern ist mit seiner Entfernung von etwa 725 Licht­jahren unserem Sonnen­system relativ nahe. Tatsächlich hat das Verdunklungs­ereignis damit um das Jahr 1300 stattgefunden, da sein Licht die Erde erst jetzt erreicht. Beteigeuze wird sein Leben in einer Supernova-Explosion beenden. Einige Astronomen glauben, dass die plötzliche Verdunklung einen Vorboten der Supernova darstellen könnte. 
 

Abb.: Künstlerische Darstellung des roten Überr­iesen Betei­geuze (Bild:...
Abb.: Künstlerische Darstellung des roten Überr­iesen Betei­geuze (Bild: NASA / ESA / E. Wheatley, STScI)

Dank neuer Beobachtungsdaten, die mit dem Hubble Space Teleskop entstanden sind, hat ein internationales Team nun eine Staub­wolke als wahrscheinliche Ursache für die Verdunklung ausgemacht: Die Wissen­schaftler gehen davon aus, dass der Stern superheißes Plasma aus einer großen Konvektions­zelle von der Stern­oberfläche ausstieß, ähnlich wie aufsteigende heiße Blasen in kochendem Wasser, nur mehrere hundert Mal so groß wie unsere Sonne. Das Material gelangte dann durch die heiße Atmosphäre zu den kälteren äußeren Schichten des Sterns. Dort kühlte es ab und die so entstandene riesige Staub­wolke blockierte ab Ende 2019 das Licht von etwa einem Viertel der Stern­oberfläche. Im April 2020 hatte Beteigeuze seine normale Helligkeit wieder erreicht.

Die Hubble-Beobachtungen sind Teil einer dreijährigen Studie der Schwankungen in der äußeren Atmosphäre des Sterns. Die seither entstandene Zeit­reihe liefert wichtige neue Hinweise auf den Mechanismus hinter der Verdunklung. Hubble beobachtete die Schichten über der Oberfläche des Sterns, die so heiß sind, dass sie hauptsächlich im ultra­violetten Bereich des Spektrums leuchten. 

In den Herbstmonaten 2019 spürte Hubble dichtes, heißes Material in der Atmosphäre des Sterns auf. „Mit Hubble sahen wir, wie das Material die sichtbare Oberfläche des Sterns verlässt und sich durch die Atmosphäre bewegt, bevor sich der Staub bildet, der den Stern zu verdunkeln scheint“, sagt die leitende Forscherin Andrea Dupree, stell­vertretende Direktorin des Zentrums für Astro­physik bei Harvard und Smithsonian. „Wir konnten den Effekt einer dichten, heißen Region im süd­östlichen Teil des Sterns sehen, die sich nach außen bewegt. Dieses Material war zwei- bis viermal heller als die normale Helligkeit des Sterns. Und dann, etwa einen Monat später, verdunkelte sich die Süd­halb­kugel von Beteigeuze auffallend, als der Stern schwächer wurde. Wir halten es für möglich, dass eine dunkle Wolke aus dem von Hubble entdeckten Ausstoß resultierte.“ 

Von besonderer Bedeutung während der Zeit der großen Verdunklung waren Geschwindigkeits­messungen der äußeren Schichten von Beteigeuze mit dem Stella-Teleskop des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) auf Teneriffa, dessen Beobachtungen die von Hubble ergänzen. „Stella wurde zur Beobachtung einzelner Objekte über einen sehr langen Zeitraum – insbesondere magnetisch aktiver Sterne – konstruiert. Es eignet sich perfekt für die Beobachtung heller Sterne wie Beteigeuze. Stella beobachtete den Stern bereits seit 2006 praktisch in jeder klaren Nacht“, erklärt Klaus Strassmeier, Koautor der Studie und Direktor am AIP. 

Obwohl die Ursache des Ausbruchs nicht bekannt ist, hält es das Forschungs­team für wahrscheinlich, dass er mit dem Pulsations­zyklus des Sterns zusammenhängt und dadurch begünstigt wurde. Dieser setzte sich während des gesamten Ereignisses normal fort. Die AIP-Wissenschaftler setzten Stella ein, um Veränderungen in der Geschwindigkeit des Plasmas auf der Stern­oberfläche zu messen, während es im Laufe des Pulsationszyklus auf- und abstieg. Als das heiße Material aufstieg, dehnte sich der Stern in seinem Zyklus zur gleichen Zeit aus. Die Pulsation, die sich von Beteigeuze nach außen hin ausbreitete, hat möglicherweise dazu beigetragen, das ausströmende Plasma durch die Atmosphäre zu treiben.

„Hätte ein großer und sehr kühler Sternfleck die Verdunklung verursacht, wären die Geschwindigkeiten des Plasmas nicht der Pulsation, sondern der Rotation des Sterns gefolgt. Diese ist übrigens sehr langsam und beträgt viele Jahre. Sie hätte daher nicht zeigen können, was Stella beobachtete, und schon gar nicht eine Umkehrung der Geschwindigkeit des Plasmas, als der Stern am schwächsten war“, schließt Strassmeier. 

AIP / DE
 

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