09.02.2018

„Bethe-Strings“ erstmals nachgewiesen

Spezielle Quantenspinzustände wurden von Hans Bethe 1931 erstmals theoretisch beschrieben.

„Bethe Strings“ sind Anre­gungen stark gebun­dener Elektronen-Spins in eindimen­sionalen Quanten­spin­systemen. Benannt sind diese Quanten­spin­zustände nach dem Physiker Hans Bethe, der sie 1931 erstmals theo­retisch beschrieben hat. Erstmals experi­mentell nachge­wiesen wurden Bethe Strings jetzt von den Augs­burger Physikern Alois Loidl und Zhe Wang, unterstützt von Kooperations­partnern aus Berlin, Dresden, Mumbai, Nijmegen und San Diego.

Abb.: In SrCo2V2O8 bilden die Kobalt-Ionen (Co2+) im Inneren einer Kette aus kantenverknüpften Sauerstoff-Oktaedern eine quasi-eindimensionale Elekronenspin-Kette mit Spin S = 1/2. (Bild: IfP, U. Augsburg)

Als Leiter der Theorie­abteilung in Los Alamos an der Entwicklung der Atom­bombe mitwirkend, galt Hans Bethe als einer der führenden Kern­physiker. Den Physik-Nobel­preis erhielt er 1961 für die Theorie über die Energie­erzeugung in Sternen. In seiner frühen wissen­schaftlichen Karriere befasste sich Bethe aller­dings intensiv mit Festkörper­physik, insbe­sondere mit der Elektronen­theorie von Metallen. So veröffent­lichte er 1931 in der „Zeitschrift für Physik“ einen Aufsatz mit dem Titel „Eigen­werte und Eigen­funktionen der linearen Atomkette“ über Quantenspin­zustände in einer Dimension. Auf der Basis einer Theorie von Werner Heisen­berg und mit dem Bethe-Ansatz, einer Methode, die theore­tisch später viel­fältig weiter­entwickelt wurde und heute ein wichtiges mathe­matisches Werkzeug der statis­tischen Physik ist, gelang ihm eine exakte Lösung des eindimen­sionalen quanten­mechanischen Vielteil­chensystems.

Bei einem solchen System handelt es sich um eine eindimen­sionale Kette von Atomen auf festen Positionen, die einen Elektronen-Spin S = 1/2 tragen. Viel­teichen-String-Zustände entsprechen Anre­gungen gekoppelter quanten­mechanischer Spins, also magne­tischer Eigendreh-Momente der Elek­tronen, die fest aneinander gebunden sich nahezu frei in der eindimen­sionalen Kette bewegen können. Das Fehlen passender eindimen­sionaler Materia­lien und geeigneter experi­menteller Methoden machte die experi­mentelle Überprüfung derartiger Viel­teilchen-String-Zustände und den Nachweis ihrer Anre­gungen bislang unmöglich. Extreme Fort­schritte in der Material­synthese einerseits und die Entwicklung von optischer Spektro­skopie im Terahertz-Frequenz­bereich in sehr hohen Magnet­feldern anderer­seits ermög­lichten nun erstmals diesen experi­mentellen Nachweis.

In einem ersten Schritt wurden am Helmholtz-Zentrum in Berlin und im Hochfeld-Magnet­labor des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossen­dorf SrCo2V2O8-Kristalle synthe­tisiert und charak­terisiert. Diese Kristalle, in denen die Kobalt-Ionen eine eindimen­sionale Spinkette mit Spin = 1/2 bilden, wurden dann von Loidl und Wang im Hochfeld-Magnet­labor der Radboud-Univer­siteit in Nijmegen in einem weiten Magnetfeld­bereich von 4 bis 28 Tesla untersucht. Die dabei entdeckten String-Anregungen konnten schließ­lich von Wissen­schaftlern der Univer­sity of Cali­fornia in San Diego mit dem Bethe-Ansatz berechnet und exakt be­schrieben werden.

„Der von uns gelie­ferte Beweis der Existenz und der Stabilität dieser exo­tischen Spin­strukturen ist zunächst mit Blick auf die weitere Erforschung der Spin­dynamik im Bereich des Quanten­magnetismus ein enormer Fortschritt“, erläutert Loidl. Dies gelte darüber hinaus aber auch für zahl­reiche weitere Bereiche, für die die Anwendung und Weiter­entwicklungen des Bethe-Ansatzes von heraus­ragender Bedeutung seien – angefangen bei kalten Quanten­gasen über die String-Theorie in der Elementar­teilchenphysik bis hin zu Problemen in Quanten­informations­systemen.

U. Augsburg / JOL

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Veranstaltung

Spektral vernetzt zur Quantum Photonics in Erfurt

Spektral vernetzt zur Quantum Photonics in Erfurt

Die neue Kongressmesse für Quanten- und Photonik-Technologien bringt vom 13. bis 14. Mai 2025 internationale Spitzenforschung, Industrieakteure und Entscheidungsträger in der Messe Erfurt zusammen

Meist gelesen

Themen