11.09.2018

Biogas aus Holzabfällen

Pilotanlage wandelt Synthesegasgemisch effizient zu Methan um. 

Karlsruher Forschern ist es mit einer Pilotanlage für Waben-Methani­sierung gelungen, aus einem aus Biomasse hergestellten Synthese­gasgemisch hochwertiges und damit anwendungs­freundliches erneuerbares Methan zu produzieren. Der SNG – Synthetic Natural Gas – genannte Energie­träger eignet sich sowohl als Brennstoff für Blockheiz­kraftwerke und Heizungs­anlagen als auch als Treibstoff für Autos oder Laster und ist dem fossilen Erdgas qualitativ ebenbürtig. Die Pilotanlage haben Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie KIT und der Forschungs­stelle des Deutschen Vereins des Gas- und Wasser­faches (DVGW) entwickelt und getestet.

Abb.: Herzstück der Pilotanlage: Die wabenförmigen Katalysatorträger wandeln Wasserstoff und Kohlenstoffmonoxid zu Methan und Wasser um. (Bild: A. Spiegel, KIT)

Wärme und Mobilität werden derzeit noch über­wiegend aus fossilen Quellen gespeist. Um auch diese Sektoren in Zukunft nachhaltig und umwelt­schonend mit Energie zu versorgen, eignen sich nach Ansicht von Experten vor allem auch chemische Energie­träger aus erneuer­baren Quellen, wie beispielsweise Biogas oder SNG. „Chemische Energie­träger weisen eine hohe Energie­dichte auf und sind besonders für den Mobilitäts­sektor attraktiv“, bestätigt Felix Ortloff, Gruppen­leiter „Verfahrens­technik“ an der Forschungs­stelle des DVGW am Engler-Bunte-Institut des KIT.

Biogas­anlagen produ­zieren das erneuer­bare Gas vorwiegend durch Vergären von biolo­gischen Abfällen. In Ländern mit einer inten­siven Forst­wirtschaft, wie Finnland oder Schweden, besteht ein großes Potenzial für die Produktion von SNG aus Holzabfällen. Hierbei wird über die Biomasse­vergasung ein Synthesegas gewonnen, das im Wesent­lichen aus einer Mischung von Wasserstoff, Kohlenstoff­monoxid und Kohlenstoff­dioxid besteht. Dieses Gemisch kann anschließend über eine Methani­sierung zu hoch­wertigem Methan umgewandelt werden. Einen sehr effektiven Weg für diese Methani­sierung haben die Forscher des Engler-Bunte-Instituts am KIT und der ange­schlossenen DVGW-Forschungs­stelle nun erfolgreich über mehrere Wochen im schwedischen Köping getestet.

Das Herzstück der Anlage sind waben­förmige Kataly­satorträger, die in der Arbeits­gruppe für chemisch-katalytische Verfahren unter der Leitung von Siegfried Bajohr entwickelt und für den Einsatz in der Methani­sierung optimiert wurden. „Die metallischen Nickel-Kata­lysatoren wandeln in einem einstufigen Prozess Wasserstoff und Kohlenstoffmonoxid und bei ausreichender Versorgung mit Wasserstoff auch Kohlenstoff­dioxid zu Methan und Wasser um“, sagt Bajohr. Die in Container­bauweise realisierte Pilot­anlage wurde an einen Biomasse­vergaser gekoppelt, der die für die chemische Reaktion notwendigen kohlenstoff­haltigen Gase liefert. In diesem Anlagen­verbund wandelte die Karlsruher Methani­sierungs­anlage zuverlässig, über mehrere Wochen, Synthesegas zu Methan um. „Das so nachhaltig erzeugte synthetische Methan kam anschließend sehr erfolgreich beim schwedischen Projekt­partner Cortus AB als Kraftstoff in den firmen­eigenen Erdgas-Fahrzeugen zum Einsatz“, so Bajohr.

„Neben der Nutzung im Erdgas­fahrzeug sehen wir den Vorteil der Erzeugung des chemischen Energie­trägers Methan darin, dass das Gas ohne Einschrän­kungen in die vorhandene europäische Erdgas­infrastruktur eingespeist werden kann“, sagt Felix Ortloff. Somit könnte es nach Einschätzung der Forscher bereits heute in vielen bestehenden Anwen­dungen fossiles Erdgas direkt ersetzen. „Ein weiteres Einsatz­gebiet für die Tech­nologie sehen wir im Rahmen des Power-to-Gas-Kontextes“, so Ortloff. Hierbei wird Wasser mithilfe von Strom aus erneuer­baren Energien durch Elektrolyse in Wasserstoff und Sauer­stoff aufgespalten. Der Wasserstoff kann anschließend in einer Reaktion mit Kohlenstoff­dioxid ebenfalls zu synthe­tischem Methan weiter­verarbeitet werden. Neben der Entlastung der Stromnetze stufen die Forscher insbe­sondere die Einbindung von Biogas- oder Biomasse­vergasungs­anlagen in Power-to-Gas-Konzepte als vorteilhaft ein. Denn so könnte die Produktions­kapazität der Anlagen verdoppelt werden, da das bei der Biogas­produktion ohnehin anfallende Kohlenstoff­dioxid vollständig zu Methan umgewandelt wird.

„Ein Vorteil unserer Pilot­anlage ist ihre kompakte Bauweise und damit ihre Mobilität“, erläutert Ortloff. „Installiert in einem Fracht­container kann sie zum Beispiel dezentral, an abge­legenen Biogas­anlagen, im ländlichen Raum oder in Verbindung mit anderen zukünftig relevanten CO2-Quellen, beispiels­weise verschiedenen Industrie­prozessen, erprobt werden“, fügt er an. Nach dem Einsatz in Schweden ist die Pilot­anlage nun wieder auf dem Weg nach Karlsruhe. „Die Anlage wird am Campus Nord des KIT in die Infrastruktur des Energy Labs 2.0 eingebunden. Ein Ziel ist es, die Waben-Methani­sierung weiter zu verbessern und die Kata­lysatoren unter anderem für den Einsatz in erheblich größeren Anlagen zu optimieren“, sagt Bajohr.

KIT / JOL

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