18.09.2019 • OptikBiophysik

Biomoleküle bei der Arbeit beobachten

Neue Methode für die zeitaufgelöste Kristallographie.

Eine neue Methode, um Biomoleküle bei der Arbeit zu beobachten, hat ein Forschungs­team vom MPI für Struktur und Dynamik der Materie, der Uni Hamburg und dem European Molecular Biology Laboratory entwickelt. Die „Liquid Application Method for time-resolved Analyses“, kurz LAMA), macht es bedeutend einfacher, enzymatische Reaktionen auszulösen, da hierzu ein Cocktail aus kleinen Flüssigkeits­mengen und Protein­kristallen angewandt wird. Ab dem Zeitpunkt des Mischens werden die Protein­strukturen in definierten Abständen bestimmt. Mit der dadurch entstehenden Zeit­raffer­sequenz können nun die Bewegungen der biologischen Moleküle abgebildet werden.

Abb.: LAMA, die „Liquid Application Method for time-resolved Analyses“...
Abb.: LAMA, die „Liquid Application Method for time-resolved Analyses“ lässt sich auf alle diffusionsgeeignenten Proteinkristallsysteme anwenden. (Bild: J. Harms, MPSD)

Die Funktionen von Biomolekülen werden nicht nur durch ihre molekularen Strukturen, sondern auch durch deren Veränderungen bestimmt. Mittels der zeit­auf­ge­lösten Röntgen­kristallo­graphie lassen sich Schnapp­schüsse eines reagierenden Biomoleküls aufnehmen, die wiederum unser Verständnis dieser dynamischen Bewegungen vertiefen. Allerdings stellt das Auslösen dieser Reaktionen selbst eine große Heraus­forderung dar, denn typischer­weise müssen die Forscher auf optisch ausgelösten Reaktionen mit speziellen Lasern zurückgreifen.

LAMA umgeht diese optischen Auslöser. Sie ist maßge­schneidert für die Unter­suchung biologisch relevanter Reaktions­zeit­skalen, die von wenigen Milli­sekunden bis hin zu Sekunden oder sogar Minuten andauern. Für Biologen und pharma­zeutische Wissen­schaftler sind diese Zeit­skalen besonders relevant, denn dort geschehen die strukturellen Änderungen, die eine spezifische biologische Funktion oder die Katalyse eines Medikaments bestimmen.

Mit den hochintensiven, mikrofokussierten Röntgenstrahlen der EMBL-Beamline P14-2 am DESY konnte so ein Enzym, das Zucker umwandelt, auf der Milli­sekunden­skala untersucht werden. Durch die neue Methode ließ sich das gesamte Experiment bedeutend einfacher gestalten als mit herkömm­lichen Methoden. Einige Pikoliter Zucker­lösung wurden mit Mikro­kristallen des Enzyms gemischt. Daraufhin wurden Schnapp­schüsse der Reaktion aufge­nommen, während das Enzym die ring­förmige Zucker­struktur in eine offene Kette umwandelte.

Die neue Methode birgt besonderes Potenzial für hoch­brilliante Synchrotron-Strahlungs­quellen, da sie Wissen­schaftlern nun eine viel größere Anzahl an zeit­auf­gelösten kristallo­graphischen Unter­suchungen ermöglicht. Am PETRA III-Synchrotron des DESY wird die LAMA-Methode schon jetzt als die Standard­option für die neue zeit­auf­gelöste, makro­molekulare Kristallo­graphie-Messstation der EMBL-Beamline P14-2 eingesetzt. Die Nutzung solcher bahn­brechenden Techno­logien gewährt Forschern bessere Einblicke in biochemische Prozesse und mögliche Antworten auf drängende Umwelt- und Gesund­heits­fragen.

MPSD / RK

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