18.03.2022 • Atome und MoleküleBiophysik

Biomolekularer Baustein in der Laser-Zange

Laserblitze richten Moleküle gezielt räumlich aus.

Laserblitze, die schwebende Moleküle kurz in die Zange nehmen, um sie gezielt im Raum auszu­richten – das mag nach einem originellen akademischen Kunst­stückchen klingen. Doch die Methode, die das Team um DESY-Forscher Jochen Küpper entwickelt hat, besitzt großes Potenzial für die Forschung. Denn Moleküle exakt in eine bestimmte räumliche Ausrichtung zu bringen, ist eine wichtige Voraus­setzung, um deren extrem schnelle Aktionen detailliert verfolgen und filmen zu können. Aktuell ist es den Forschern erstmals gelungen, per Laserpuls ein relativ komplexes Gebilde feldfrei stark auszurichten – das Biomolekül Indol. In Zukunft sollten sich auch andere komplexe Moleküle mit der neuen Methode ins Visier nehmen lassen, zum Beispiel Aminosäuren, Neuro­transmitter oder Vitamine, aber womöglich auch ganze Proteine.

Abb.: Neben der Struktur des Biomoleküls Indol in zwei ausge­wählten...
Abb.: Neben der Struktur des Biomoleküls Indol in zwei ausge­wählten Aus­rich­tungen (links) sieht man die Mess­signale, die an­zeigen, dass diese Moleküle ideal ausge­richtet sind. Im Verlauf nach rechts sieht man den zeit­lichen Verlauf der Molekül­aus­richtung. (Bild: J. Küpper, C. Lopez Gonzalez, DESY)

Schon seit längerem ist es grundsätzlich möglich, auch komplexe Moleküle mit Hilfe von kurzen Laserpulsen in der Zange zu halten und auszu­richten. Doch für gewöhnlich muss dafür der Laser die ganze Zeit aktiv sein, was für bestimmte Art von Experimenten sehr störend ist – insbesondere für Versuche, die das chemische Verhalten eines Moleküls genauestens verfolgen sollen. „Wir haben eine neue Methode entwickelt, bei denen der Laser, nachdem er das Molekül über eine lange Anstiegs­zeit des Pulses ausgerichtet hat, rasch wieder ausge­schaltet wird“, erläutert Küpper. „Dadurch lässt sich das ausge­richtete Molekül ungestört vom Laserfeld unter­suchen.“

Küppers Team war es mit ähnlichen Methoden bereits gelungen, ein einfaches stäbchen­förmiges Molekül fest­zu­halten und zu manipulieren – Carbonyl­sulfid, bestehend aus je einem Sauerstoff-, Kohlenstoff- und Schwefelatom. Konkret konnte die Arbeitsgruppe das winzige Stäbchen mit einem kurzen Laser-Kick in Rotation versetzen und dessen quanten­mechanische Drehung mit einem speziellen Nachweis­verfahren filmen.

Jetzt gelang es dem Team, ein deutlich komplexer geformtes Molekül per Laserpuls auszu­richten: Indol ist ein Biomolekül, das unter anderem bei der Absorption von UV-Strahlung im Körper eine Rolle spielt. „Eine der Heraus­forderungen war, unsere Laser schnell genug abschalten zu können, nachdem sie das Indol ausgerichtet haben“, erklärt Küpper. Dieses Abschalten gelingt innerhalb weniger Pikosekunden. Erzeugt wurde der abrupte Stopp durch die geschickte Ansteuerung von LCD-Displays.

Nach dem Abschalten steht zwar nur ein kleines Zeitfenster offen, bevor sich das Molekül wieder aus seiner Ausrichtung heraus­dreht. Doch die Zeit ist lang genug, um das Indol mit UV-Licht anzuregen und seine Reaktion mit raffinierten Methoden zu vermessen. Eine möglichst präzise Ausrichtung ist dabei wichtig, um die einzelnen Bestand­teile des Moleküls richtig auflösen zu können – denn es macht einen erheblichen Unterschied bei den Analysen, ob es „steht“ oder „liegt“.

Allerdings erwies sich der Nachweis der Indol-Ausrichtung als anspruchs­voll. Dafür haben die Forscher das Molekül mit hoch­intensivem Infra­rot­licht bestrahlt, damit es in viele Bruchstücke zerfällt. Dabei wurden zahlreiche Wasserstoff- und Kohlen­stoff­atome abgesprengt, deren Impulse sich dann mit speziellen Detektoren nachweisen ließen. „Um aus diesen Messdaten auf die ursprüng­liche Ausrichtung des Indols schließen zu können, mussten wir ein ausge­feiltes Analyse­verfahren entwickeln“, so Küpper.

In künftigen Experimenten wollen die Wissen­schaftler die Positionen der einzelnen Atome im Indol und die Rolle deren jeweilige Bewegungen bei den Reaktionen möglichst genau bestimmen. Doch das Verfahren verspricht noch deutlich mehr. „Im Prinzip ließen sich damit alle möglichen Moleküle ausrichten und untersuchen, zum Beispiel Vitamine, Neuro­trans­mitter oder vielleicht sogar Proteine“, schätzt Küpper. „Damit haben wir der Wissenschaft ein neues Analyse-Werkzeug zur Hand gegeben, um die Eigen­schaften solcher Moleküle in Zukunft detail­lierter zu verstehen.“

DESY / RK

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