Bipolar gedopt

Neuer Ansatz ermöglicht umkehrbare Steuerung der Leitfähigkeit von Halbleitern.

Der Metalloxid-Halbleiter Gallium­oxid gilt als aussichts­reicher Kandidat für einen möglichen Einsatz in der Leistungs­elektronik. Dem standen bisher Schwierig­keiten im Wege, die vor allem die gezielte Beeinflussung der elektrischen Leit­fähig­keit des Materials behinderten. Ein Forschungs­team aus den USA und Deutsch­land demonstriert jetzt, wie sich die Leit­fähig­keit von Gallium­oxid in seiner stabilsten Form über einen kontrol­lierten Einbau von Wasser­stoff in das Kristall­gitter des Halbleiter­materials steuern lässt.

Abb.: Der Einbau von Wasser­stoff in Gallium­oxid lässt sich so steuern,...
Abb.: Der Einbau von Wasser­stoff in Gallium­oxid lässt sich so steuern, dass gezielt Bereiche mit n- und p-Leitung geschaffen werden. (Bild: Juniks, HZDR)

Ausgangspunkt der Überlegungen der Forscher war eine besonders auffällige Eigen­schaft des Materials: die Breite seiner Bandlücke. Sie ist ein Maß für den energetischen Abstand zwischen Valenz- und dem Leitungs­band eines Festkörpers. Bei Halbleitern ist bei sehr tiefen Temperaturen zunächst nur das Valenz­band mit Ladungs­trägern besetzt, das Material ist nicht­leitend. Durch Energie­zufuhr können sie jedoch in das Leitungs­band über­führt werden und einen Strom­fluss ermöglichen.

„Die Bandlücke von Galliumoxid gilt unter Experten als ultra­breit“, erläutert Andreas Wagner, Leiter der Abteilung Kern­physik am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf. „Sie macht das Material besonders attraktiv für die Leistungs­elektronik, denn sie verspricht Anwendungen in Bereichen hoher elektrischer Feld­stärken, bei denen heute etablierte Halbleiter­materialien unweigerlich zerstört würden.“ Doch die Sache hat einen Haken: Mit zunehmender Bandlücken­energie nimmt die Effizienz gängiger Dotierungs­verfahren ab.

Der Einbau von Fremdatomen fügt jedoch neue Energie­niveaus in die Bandlücke ein, die die Bandstruktur des Materials beeinflussen und die elektro­nischen Eigen­schaften des Halbleiters in hohem Maße verändern können. Anders bei einer Dotierung mit Wasserstoff: Die elektronischen Eigen­schaften des ursprüng­lichen Halbleiters bleiben nahezu unbeein­flusst – lediglich die Ladungs­träger-Konzentration wird erhöht.

Mit seinen Forschungs­ergebnissen zeigt das Team eine neue Möglichkeit auf, Gallium­oxid als Ausgangs­material für bipolare Transistoren zu etablieren. In diesen klassischen Halbleiter­bauelementen werden n- und p-dotierte Schichten so kombiniert, dass mit Hilfe eines kleinen Steuerstroms ein größerer Stromfluss kontrolliert werden kann. Sie finden Anwendung in Verstärkern und Schaltern. Um die beiden Schichten zu erzeugen, werden typischer­weise zwei unter­schied­liche Materialien kombiniert. Der Clou der vorge­stellten Arbeit: Die Wissen­schaftler können das per Wasserstoff-Einbau in einem einzigen Material bewerk­stelligen.

Die Forscher lagern dazu den Wasserstoff in das Kristall­gitter des Gallium­oxids ein. Theoretische Berechnungen haben gezeigt, dass die Wasserstoff­moleküle an der Gallium­oxid-Ober­fläche zunächst in elektrisch geladene Wasserstoff-Fragmente zerfallen, die an der Oberfläche adsorbieren. Bei hohen Temperaturen diffundieren sie in den Kristall und besetzen vorhandene Störstellen. Das sind Orte im Kristall­gitter, an denen eigentlich Gallium- oder Sauerstoff­ionen des Halbleiter­materials anzutreffen sein sollten. Diese fehlen und die statt­dessen vorhandenen Lücken sind je nach Natur der fehlenden Bausteine elektrisch positiv oder negativ geladen und deshalb für die ebenfalls geladenen Wasserstoff-Fragmente interessant.

„Wir konnten zeigen, dass sich so nicht nur das Ausmaß der Leit­fähig­keit, sondern auch ihre Natur selbst verändern lässt. Mit nur wenig eingebautem Wasserstoff verhält sich das Material wie ein p-dotierter Halbleiter, während die Zugabe von mehr Wasserstoff zum Umschalten in den n-Leitungs­modus führt“, fasst Wagner die Forschungs­ergebnisse zusammen.

Die Wissenschaftler versprechen sich unter anderem eine drastische Verringerung von Energie­verbrauch und Herstellungs­kosten bei der Fertigung von Bauelementen für die Leistungs- und Optoelektronik. Das Haupt­problem auf dem Weg dorthin war bisher, Gallium­oxid neben der n- auch zur p-Leitung zu bewegen – dieses Zwischen­ziel haben die Forscher mit ihrer Wasserstoff-Technik nun erreicht.

HZDR / RK

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