18.07.2016

Blick auf Elektronenorbitale

Ein Rechenmodell zeigt, wie man in ein Atom hineinsehen und einzelne Elektronen-Orbitale abbilden könnte.

Mit einem Elektronen­mikroskop kann man nicht eben mal schnell ein Foto machen, wie mit der Handykamera. Ob und wie gut sich eine Struktur elektronen­mikrosko­pisch abbilden lässt, hängt davon ab, wie gut man diese Struktur versteht. Um die Möglichkeiten der Elektronen­mikroskopie voll auszuloten, sind oft komplizierte physikalische Berechnungen nötig. Ein internationales Forschungsteam, geleitet von Peter Schatt­schneider von der Technischen Universität Wien analysierte nun die Möglichkeiten der Mikroskopie­technik EFTEM (energie­gefilterte Trans­missions­elektronen­spektro­skopie). Dabei konnte man zeigen, dass unter bestimmten Bedingungen sogar einzelne Elektronen­orbitale eines Atoms gut abgebildet werden können. Die Elektronen­mikroskopie kann damit auf subatomare Größen­ordnung vordringen. Experimente dazu sind bereits geplant.

Abb.: Modell von Orbitalen rund um eine Fehlstelle in Graphen (Bild: TU Wien)

Oft stellt man sich Elektronen im Atom vor wie kleine Kügelchen, die den Atomkern umkreisen wie Miniatur­planeten eine Sonne. Doch dieses Bild hat mit der Wirklich­keit meist nichts zu tun. Nach den Gesetzen der Quanten­physik hat ein Elektron zu einem bestimmten Zeitpunkt keinen fest definier­baren Aufenthalts­ort, es ist in einem Orbital über einen bestimmten Bereich in der Nähe des Atomkerns verschmiert. Die Form dieser Orbitale lässt sich schon lange gut berechnen. Direkt abbilden konnte man sie bisher allerdings noch nicht.

„Wir haben berechnet, auf welche Weise eine Chance bestünde, die Orbitale mit einem Elektronen­mikroskop sichtbar zu machen“, sagt Stefan Löffler von der Univer­sitären Service-Einrichtung für Trans­missions-Elektronen­mikroskopie der TU Wien. „Ein ausge­zeichneter Kandidat dafür ist Graphen, das nur aus einer Schicht von Kohlenstoff­atomen besteht. Der Elektronen­strahl gelangt problemlos durch das Graphen hindurch, beinahe ohne elastische Streuung. Aus ihnen kann man dann ein Bild der Graphen-Struktur erstellen.“

Das Prinzip ist als „energie­gefliterte Trans­missions­elektronen­spektro­skopie“ (EFTEM) schon seit Längerem bekannt. Es kann ganz gezielt bestimmte Atom­sorten sichtbar machen und andere ausblenden, daher wird es heute oft verwendet, um die chemische Zusammen­setzung von Proben zu analysieren. „Die Elektronen, die durch die Probe hindurch­geschossen werden, können die Atome der Probe anregen“, erklärt Stefan Löffler. „Dabei geben sie eine für bestimmte Elektronen-Orbitale der Probe charak­teristische Energie ab.“

Nach dem Durchtritt durch die Probe werden die Elektronen mit Hilfe eines magnetischen Feldes nach Energie sortiert. „Mit einer Blende werden die uninteres­santen Elektronen ausgefiltert, nur jene Elektronen, welche die gewünschte Information tragen, verwendet man für die Bild­erzeugung“, sagt Löffler. In Simulations­rechnungen untersuchte das Team, wie man diese Technik auf die Spitze treiben kann und fand dabei einen Fall, der sich tatsächlich zum Abbilden einzelner Orbitale eignet: „Man muss die Symmetrie im Graphen brechen“, sagt der Physiker. „Wenn die Graphen-Struktur beispiels­weise ein Loch hat, dann haben die Atome direkt neben diesem Loch eine etwas andere elektro­nische Struktur – und die Orbitale genau dieser Atome kann man abbilden.

Dasselbe ist möglich, wenn irgendwo im Graphen statt eines Kohlenstoff­atoms ein Stickstoff­atom sitzt. Wichtig ist dabei, nur Elektronen eines genau passenden, engen Energie­fensters zu berück­sichtigen, bestimmte Aberra­tionen der elektro­magnetischen Linse zu minimieren, und – nicht zuletzt – ein erstklassiges Elektronen­mikroskop zu verwenden“. Aber all diese Probleme sind in den Griff zu bekommen, wie die Simulations­Rechnungen der Forschungs­gruppe zeigen. Neben der TU Wien waren auch die Humboldt-Universität in Berlin und die Universität Ulm an der Studie beteiligt. In Ulm wird derzeit ein neues, leistungs­fähiges Trans­missions­elektronen­mikroskop entwickelt, an dem man die neuen Ideen demnächst umsetzen wird. Erste Ergebnisse über­treffen bereits die Erwar­tungen.

TU Wien / JOL

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