20.02.2004

Blick aufs Paläo-Thermometer

Langfristige Klimaschwankungen an den Polen wirkten sich auch auf die Äquator-Region aus.

Blick aufs Paläo-Thermometer

Providence (USA) - Neben den Jahreszeiten schwankt das Erdklima in einem regelmäßigen 41.000-Jahre-Zyklus. In diesem Zeitraum wackelt in einer orbitalen Präzession die Neigungsachse unseres Planeten und wird durch den dadurch veränderten Sonneneinfall für Eiszeiten oder langfristige Wärmeperioden verantwortlich gemacht.

Zeigten sich diese Klimaschwankungen bisher nur an den Polen und in den höheren Breitengraden, fanden nun US-Forscher Hinweise auf diesen 41.000-Jahre-Zyklus in Äquatorregionen. Als Ursache vermuten sie eine deutlich engere Verknüpfung des Polklimas mit den äquatorialen Regionen der Erde. Die Ergebnisse, die die Forscher in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlichen, zeigen weitaus komplexere Zusammenhänge für das Erdklima in den letzten zwei Millionen Jahren als bisher angenommen wurde.

"Wir beobachteten, dass im Allgemeinen die Oberflächentemperatur der tropischen Ozeane in enger Korrelation mit der Eismenge an den Polen fluktuierte", berichten Zhonghui Liu und seine Kollegen von der Brown University in Providence. So sank die Wassertemperatur, wenn die Eismengen an den Polen wuchsen und stieg in wärmeren Schmelzperioden an. Eine solche starke Beeinflussung des eigentlich sehr stabilen tropischen Klimas durch regionale Klimaschwankungen an den Polen galt bislang in der Fachwelt als sehr unwahrscheinlich. Zu ihrer Überraschung zeigten sich in den Tropen solche ausgeprägten Temperatur-Schwankungen sogar dann, als vor 1,2 bis 1,8 Millionen Jahre die absolute Eismenge an den Polen sehr klein war und so nur wenig Einfluss auf das Weltklima gehabt haben dürften.

Dieses Ergebnis betätigt, dass allein ein Kühleffekt durch die Eismassen verbunden mit ausgeprägten Meeresströmungen nicht für die Schwankungen in den Tropen verantwortlich gemacht werden kann. Vielmehr vermutet Liu, dass sich die verringerte Sonneneinstrahlung – verursacht durch die Präzession der Erdachse – während des 41.000-Jahre-Zyklus an den Polen über die Atmosphäre abkühlend auf die Tropenregionen auswirkte. Wird ein solcher Zusammenhang noch durch weitere Messungen bestätigt, müssen Klimaforscher auch heute ihre Modelle für die Entstehung globalen Schwankungen überdenken und von einem stärkeren Zusammenhang der Klimabedingungen der hohen und der niedrigen Breitengrad ausgehen.

Als Grundlage für diese weitreichenden Temperatur-Messungen dienen den Wissenschaftlern ausgesuchte Fossilien. So "speichern" kleine Meeresorganismen aus der Gruppe der Foraminiferen in ihren Kalkmänteln die zu ihren Lebzeiten herrschenden Klimabedingungen. Je nach dem Isotopen-Verhältnis von Sauerstoff (O-18 zu O-16) in diesen Schalen können die Forscher auf den Zufluss von Frischwasser und die Temperatur an der Meeresoberfläche bis Jahrmillionen in die Erdvergangenheit zurück schließen. Lagen solche Untersuchungsergebnisse bisher nur von höheren Breitengraden vor, untersuchten Liu und Kollegen erstmals dieses versteinerte "Klimaarchiv" an Bohrkernen in tropischen Regionen des Pazifiks, die im Rahmen des "Ocean Drilling Programs" gewonnen wurden.

Jan Oliver Löfken

Weitere Infos:

  • Originalveröffentlichung:
    Liu Zhonghui und Herbert D. Timothy, High-latitude influence on the eastern equatorial Pacific climate in the early Pleistocene epoch, Nature 427, 720 (2004).  
  • Brown University: 
    http://www.brown.edu  
  • Dep. Of Geological Science: 
    http://www.geo.brown.edu  
  • Weitere Forschungsartikel auf pro-physik.de finden Sie in der Rubrik Forschung.  
  • Spezielle Dokumente und Informationen zum Klima im Pleistozän finden Sie ganz einfach mit der Findemaschine, z. B. in der Kategorie Geophysik.

Weitere Literatur:

  • B. Molfino und A. McIntyre, Precessional forcing of nutricline dynamics in the Equatorial Atlantic, Science 249, 766 (1990).  
  • R. R. Schneider et al., in: The South Atlantic: Present and Past Circulation (Hrsg.: Wefer, G., Berger,W. H., Siedler, G. & Webb, D. J.) 527–551 (Springer, Berlin,

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