31.05.2007

Blick in eine planetarische Kinderstube

Erstmals gelang es, durch interferometrische Messungen die innersten Bereiche der Gas- und Staubscheiben eines jungen Sterns zu beobachten.



Einem amerikanischen Astromomen gelang es erstmals, durch interferometrische Messungen die innersten Bereiche der Gas- und Staubscheiben eines jungen Sterns zu beobachten.

Wie entstehen Planeten? Gas- und Staubscheiben um junge Sterne bieten den Astronomen die Möglichkeit, einen Blick auf die Entstehungsphase von Planetensystemen zu werfen. Doch gerade jene Bereiche der Scheiben, in denen erdähnliche Planeten entstehen könnten, liegen so nah an den Sternen, dass sie einer direkten Beobachtung kaum zugänglich sind. Bis jetzt. Denn einem amerikanischen Astronomen ist es nun erstmalig gelungen, einen Blick auf das Gas in diesem innersten Bereich der planetarischen Kinderstube zu werfen. Wie der Forscher in der aktuellen Ausgabe von „Nature“ berichtet, stieß er dort unter anderem auf Wasserdampf – seiner Ansicht nach ein Hinweis auf verdampfende kometenähnliche Körper, aus denen wasserreiche Planeten wie unsere Erde entstehen könnten.

„Planetensysteme – auch unser eigenes – entstehen aus Scheiben aus Gas und Staub um junge Sterne“, schreibt Josh Eisner von der University of California in Berkeley. „Um die Entstehung erdähnlicher Planeten zu verstehen, müssen wir die Verteilung der Materie und die Temperatur in der inneren Scheibe kennen.“ Bislang konnte in diesem Bereich jedoch nur der Staub beobachtet werden, der zwar nur einen kleinen Teil der Scheibenmaterie ausmacht, aber die Strahlung im Infrarotbereich dominiert. Eisner gelang es nun erstmals, durch interferometrische Messungen mit den beiden zehn Meter großen Keck-Teleskopen auf Hawaii, auch das Gas innerhalb von einer Astronomischen Einheit in der Scheibe um den jungen Stern MWC 480 zu beobachten. MWC 480 ist rund 450 Lichtjahre von uns entfernt.

Eisners Messungen zeigen, dass die innere Kante der Staubscheibe bei einem Abstand von 0,3 Astronomischen Einheiten liegt. Auch innerhalb dieser Kante gibt es jedoch noch Gas, vor allem Wasserstoff, aber auch heißen Wasserdampf. Im innersten Bereich, innerhalb von einer Zehntel Astronomischen Einheit, strömt das Gas auf den Stern zu. Während es im äußeren Bereich der Scheibe neben Wasserstoff auch Kohlenmonoxid gibt, fehlt dieses Gas jedoch im inneren Bereich. Das ist seltsam, denn bei einem kontinuierlichen Akkretionsfluss des Gases von außen nach innen sollten sowohl Wasserstoff als auch Kohlenmonoxid nach innen transportiert werden.

Es scheint also ein anderer Mechanismus am Werk zu sein, meint Eisner. Der Astronom vermutet, dass kleine kometenähnliche Körper, die überwiegend aus gefrorenem Wasser bestehen, durch gravitative Wechselwirkungen innerhalb der Scheibe nach innen wandern. Im inneren Bereich der Scheibe verdampft das Wasser dann durch die starke Strahlung des jungen Sterns. Eisner argumentiert, dass die kometenähnlichen Körper in einem Bereich der äußeren Scheibe entstehen, in denen zwar Wasser gefriert, Kohlenmonoxid jedoch noch gasförmig ist – daher der Mangel an Kohlenmonoxid bei der Verdampfung der Eiskörper.

Wenn in der inneren Scheibe erdähnliche Planeten entstehen, dann könnten die kometenähnlichen Himmelskörper diese zugleich mit großen Mengen an Wasser anreichern – ein Szenario, das auch für die Entstehung der Erde mit ihrem hohen Wasseranteil von großem Interesse wäre. Dabei geht es nicht nur um die Ozeane: Vermutlich enthält das Erdinnere noch einmal bis zum Zehnfachen an Wasser wie die Weltmeere.

In einem begleitenden Kommentar in „Nature“ äußert Roy van Boekel vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg allerdings Zweifel an Eisners Szenario. Denn, so van Boekel, die Menge an Gas, die auf den Stern MWC 480 herab strömt, lasse einen stetigen Zustrom aus der äußeren Scheibe wahrscheinlicher erscheinen als einen intermittierenden kometarischen Ursprung des Gases in der inneren Scheibe. Wobei dann freilich wieder zu erklären wäre, warum es dort kein Kohlenmonoxid gibt. Es müssten deshalb dringend noch genauere Beobachtungen durchgeführt werden, fordert van Boekel, um exakte Obergrenzen für das Kohlenmonoxid in der inneren Scheibe zu erhalten und das Rätsel zu lösen.

Rainer Kayser

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