17.10.2023

Blick in einen Kugelsternhaufen

Gaia-Daten zeigen mehr als eine halbe Million neuer Sterne in Omega Centauri.

Die dritte Datenveröffentlichung von Gaia enthält Daten zu über 1,8 Milliarden Sternen, die ein umfassendes Bild der Milchstraße und darüber hinaus ergeben. Allerdings gab es in der Kartierung unserer Galaxie noch Lücken. Vor allem in Bereichen des Himmels, die besonders dicht mit Sternen bevölkert sind, erreichte Gaias normaler Beobachtungsmodus seine Grenzen, so dass diese Regionen vergleichsweise unerforscht blieben – und man übersah Sterne, die weniger hell leuchteten als ihre vielen Nachbarn.

Abb.: Der Kugelsternhaufen Omega Centauri in einer Kombination der Daten der...
Abb.: Der Kugelsternhaufen Omega Centauri in einer Kombination der Daten der dritten Gaia-Datenveröffentlichung mit dem neuen Gaia Focused Product Release. Das Ergebnis ist eine überwältigende Vielzahl von Sternen.
Quelle: ESA / DPAC

Ein wichtiges Beispiel hierfür sind Kugelsternhaufen. Sie gehören zu den ältesten Objekten des Universums, was sie für Wissenschaftler, die sich mit der kosmischen Vergangenheit befassen, besonders wertvoll macht. Leider sind ihre hellen Kerne voller Sterne eine große Herausforderung für Teleskope und es ist schwierig, einen klaren Blick zu erhaschen. Daher sind sie fehlende Puzzlestücke in den Karten des Universums.

Um diese Lücken zu schließen, hat Gaia Omega Centauri ausgewählt, den größten Kugelsternhaufen, der von der Erde aus zu sehen ist, und ein gutes Beispiel für einen typischen Haufen. Statt einzelne Sterne zu beobachten, wie es normalerweise der Fall wäre, aktivierte Gaia einen speziellen Beobachtungsmodus und zeichnete zweidimensionale Bilder mit dem Sky Mapper Instrument auf.

„In Omega Centauri entdeckten wir mehr als eine halbe Million neuer Sterne, die Gaia zuvor nicht gesehen hatte – und das in nur einem Sternhaufen“, sagt Katja Weingrill, Projektleiterin für Gaia am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam.

„Es geht nicht nur darum, Löcher in unserer Kartierung zu flicken, obwohl dies an sich schon wertvoll ist“, fügt Alexey Mints, Mitglied der Gaia-Kollaboration und ebenfalls vom AIP, hinzu. „Unsere Daten haben es uns ermöglicht, Sterne zu entdecken, die zu nahe beieinander liegen, um sie mit der regulären Gaia-Pipeline richtig zu vermessen. Mit den neuen Daten können wir die Struktur des Haufens, die Verteilung der einzelnen Sterne, ihre Bewegung und vieles mehr untersuchen und so eine vollständige, großräumige Karte von Omega Centauri erstellen. Das bedeutet volle Nutzung des Potenzials von Gaia – wir haben dieses erstaunliche kosmische Werkzeug mit maximaler Leistung eingesetzt.“

Dieses Ergebnis entspricht nicht nur den geplanten Zielen von Gaia, sondern übertrifft diese sogar. „Wir haben nicht damit gerechnet, diese Bilder jemals für wissenschaftliche Zwecke einzusetzen, was das Ergebnis noch spannender macht“, fügt Weingrill hinzu.

Gaia erforscht derzeit acht weitere Regionen auf diese Weise. Die Ergebnisse werden in der vierten Gaia-Datenveröffentlichung enthalten sein. Die Daten werden Astronomen helfen, zu verstehen, was in den kosmischen Bausteinen vor sich geht. Es ist ein entscheidender Schritt für Forscher, um das Alter unserer Galaxie zu bestätigen, ihr Zentrum zu lokalisieren oder um herauszufinden, ob die Milchstraße in der Vergangenheit Kollisionen erlebt hat oder wie sich Sterne im Laufe ihrer Lebenszeit verändern, unsere Modelle der galaktischen Entwicklung einschränken und wie man schließlich auf das potentielle Alter des Universums selbst schließen kann.

In der neuen Veröffentlichung identifiziert Gaia außerdem über 380 mögliche Gravitationslinsen, verbessert die Genauigkeit der Umlaufbahnen von mehr als 150.000 Asteroiden innerhalb des Sonnensystems, kartiert die Scheibe der Milchstraße durch das Aufspüren schwacher Signale im Sternenlicht und charakterisiert die Dynamik von 10.000 veränderlichen roten Riesensternen.

AIP / RK


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