23.05.2018

Bose-Einstein-Kondensat im Riesenatom

Experiment ermöglicht Erforschung der Wechselwirkung zwischen neutralen Teil­chen und dem Kern bei extrem niedrigen Tempera­turen.

Passt eine ultrakalte Wolke aus zehntausenden Rubidium-Atomen in ein ein­zelnes Riesen­atom? Forschern der Uni Stutt­gart ist das erst­mals gelungen. Sie zeigten einen ganz neuen Ansatz, die Wechsel­wirkung von gela­denen Kernen mit neutralen Atomen bei weit­aus niedri­geren Tempera­turen zu unter­suchen, als es bis­her möglich war. Das könnte einen wichtigen Schritt dar­stellen, um in Zukunft quanten­mecha­nische Effekte in der Atom-Ion-Wechsel­wirkung zu studieren. In dem Experi­ment regten die Forscher ein Elektron eines ein­zelnen Atoms in einem Bose-Einstein-Kondensat mit Laser­strahlen in einen riesigen Rydberg-Orbit an. Dadurch hält sich das ange­regte Elektron bis zu 3.7 Mikro­meter vom Kern ent­fernt auf, fünf­zehn­tausend Mal weiter als im Grund­zu­stand. Das Quanten­gas wurde in einer winzig kleinen optischen Dipol­falle gehalten. Die Wolke aus vielen Tausend Atomen war damit um den Faktor drei kleiner als der Elek­tronen­orbit.

Abb.: Der geladene Kern eines Riesen­atoms wechsel­wirkt mit benach­barten Atomen, während das Elek­tron weit ent­fernt den Kern vor elek­tri­schen Stör­feldern schützt. (Bild: C. Brandes)

„Die Durchführung des Experiments war für uns eine spannende Heraus­forde­rung, da Riesen­atome sehr sensibel auf elek­trische Stör­felder reagieren“, sagt Kathrin Klein­bach von der Uni Stutt­gart. Das Rydberg-Elektron befindet sich weit weg vom Kern und bildet zusätz­lich einen Faraday’schen Käfig, so dass kleine elek­trische Felder den gela­denen Kern nicht be­schleu­nigen und damit auf­heizen können. So lässt sich die Wechsel­wirkung zwischen dem positiv geladenen Kern des Riesen­atoms und dem Quanten­gas erforschen.

Damit bietet das Experiment erstmals die Möglichkeit, die Wechsel­wirkung zwischen neutralen Teil­chen und dem gela­denen Kern des Riesen­atoms bei extrem kalten Tempera­turen zu erforschen. Im Ver­gleich zu bishe­rigen Experi­menten, welche diese Wechsel­wirkung unter­suchen, bietet die neue experi­men­telle Heran­gehens­weise eine tausend­mal kältere Umge­bung, weniger als ein million­stel Grad vom abso­luten Tempe­ra­tur­null­punkt ent­fernt. Damit kommt das Forscher­team einem Tempe­ratur­bereich sehr nahe, in dem Quanten­effekte eine Rolle spielen sollten und zu exo­tischen, bisher uner­forsch­ten Materie­formen führen könnten. Die Unter­suchung dieser Effekte ist für die Grund­lagen­forschung im Bereich der Quanten­chemie und mög­licher neuer Materie­formen von Bedeu­tung.

U. Stuttgart / RK

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