16.05.2007

Brechungsindex natürlich negativ

Der metallische Ferromagnet Lanthan-Kalzium-Manganoxid zeigt ein ungewöhnliches Verhalten für GHz-Frequenzen.



Der metallische Ferromagnet Lanthan-Kalzium-Manganoxid zeigt ein ungewöhnliches Verhalten für GHz-Frequenzen.

Bei den Materialien mit negativem optischen Brechungsindex hat es in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung gegeben. Aus einer theoretischen Kuriosität, die streng nach Landau-Lifschitz unmöglich sein sollte, sind inzwischen reale, künstlich strukturierte Metamaterialien mit intensiv untersuchten Eigenschaften geworden. Dass auch homogene „natürliche“ Substanzen bei hohen Frequenzen einen negativen Brechungsindex aufweisen können, hielt man bisher nicht für möglich. Doch mit dem metallischen Ferromagneten Lanthan-Kalzium-Manganoxid haben Forscher aus Augsburg, Würzburg und Göttingen jetzt solch eine Substanz gefunden.

Materialien mit negativem Brechungsindex, die zuerst von dem russischen Physiker Victor Veselago intensiv theoretisch untersucht wurden, haben eine Reihe von ungewöhnlichen Eigenschaften. Das Licht wird z. B. beim Übergang aus der Luft in ein solches Material nicht zum Lot sondern über das Lot hinaus zu negativen Winkeln gebrochen. In solche einem Material sind die Gruppen- und die Phasengeschwindigkeit des Lichtes negativ. Das Licht bewegt sich also auch in dieser Beziehung in die „falsche“ Richtung, wobei allerdings der Poynting-Vektor und damit auch der Energiefluss in die „richtige“ Richtung zeigen. Der negative Brechungsindex macht es möglich, dass der optische Weg des Lichtes negativ oder Null werden kann. Das hat zur Folge, dass eine planparallele Platte aus diesem Material wie eine Sammellinse wirkt, die im Idealfall eine unendliche Vergrößerung ermöglicht – und damit die Beugungsgrenze verletzt.

Ein negativer Brechungsindex lässt sich z. B. mit einem Material erreichen, dessen elektrische Permittivität ε und magnetische Permeabilität μ beide gleichzeitig im selben Frequenzbereich negativ werden. Während für jedes Metall unterhalb seiner Plasmafrequenz ε<0 gilt, ist es schon wesentlich schwieriger, bei solch einer Frequenz μ<1 oder sogar μ<0 zu erreichen. Doch Metamaterialien, die zahlreiche geschlitzte Metallringe enthalten, zeigen für Mikrowellenfrequenzen gleichzeitig elektrische und magnetische Resonanzen, die zu negativem ε und μ und damit auch zu einem negativen Brechungsindex n führen. Inzwischen hat man auch nanostrukturierte Metamaterialien mit negativem n für sichtbares Licht hergestellt. Dass aber homogene Materialien ein negatives n haben, schein weiterhin ausgeschlossen.

Doch Andrei Pimenov und seine Kollegen haben jetzt die metallische Manganverbindung La 1/3Ca 1/3MnO 3 (kurz LCMO), die einen kolossalen Magnetwiderstand aufweist, genauer untersucht, da sie elektrische und ferromagnetische Resonanzen bei Gigahertz-Frequenzen zeigt. Die Forscher weisen darauf hin, dass in nichtidealen Materialien die komplexen ε und μ eine allgemeinere Bedingung erfüllen müssen, damit der Realteil des ebenfalls komplexen Brechungsindex n negativ wird. Und mit LCMO lässt sich diese Bedingung bei einer Frequenz um 150 GHz und bei Zimmertemperatur erfüllen!

Zunächst haben die Forscher 550 nm dicke LCMO-Schichten auf ein MgO-Substrat aufgetragen. Den komplexen Brechungsindex dieser Schichten haben sie bestimmt, indem sie mit einem Mach-Zehnder-Interferometer die elektromagnetische Durchlässigkeit der Schichten sowie die Phasenverschiebung gemessen haben, die elektromagnetische Wellen bei Ausbreitung in den Schichten erleiden. Sie setzten die Schichten einem ca. 5 Tesla starken Magnetfeld aus, damit das LCMO auch bei Zimmertemperatur ein metallischer Ferromagnet blieb. War das Magnetfeld der durch die Schicht laufenden elektromagnetischen Wellen senkrecht zum angelegten äußeren Magnetfeld, so trat bei 150 GHz eine starke magnetische Resonanz auf. Dabei wurde der Realteil von μ negativ. Waren die Felder jedoch parallel, so zeigte sich keine Resonanz und es galt, wie bei hohen Frequenzen üblich, μ=1. Aus den gewonnenen Werten für ε und μ berechneten die Forscher schließlich den komplexen Brechungsindex. Es zeigte sich, dass der Realteil von n bei 210 K und 150 GHz negative Werte annahm, wenn das äußere Magnetfeld um 5 Tesla herum variiert wurde. Und sogar bei Zimmertemperatur konnte der Brechungsindex negativ werden.

Abb.: Bei dem Ferromagneten LCMO kann der Realteil von n bei 210 K und 150 GHz negative Werte annehmen, wenn das äußere Magnetfeld um 5 Tesla herum variiert wurde. Selbst bei Zimmertemperatur konnte der Brechungsindex negativ werden. (Quelle: Pimenov et al.)


Die Forscher weisen jedoch darauf hin, dass die ungewöhnlichen optischen Eigenschaften des LCMO sehr stark von der Richtung des äußeren Magnetfeldes abhängen. Geht man zudem von den benutzten Millimeterwellen zu sichtbarem Licht über, so verschwindet die magnetische Resonanz des LCMO und das Material verliert sein negatives n. Die Suche nach einem homogenen und isotropen Material mit negativem Brechungsindex für sichtbares Licht kann also weitergehen.

Rainer Scharf

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