29.12.2022

Bremssegel für Satelliten

Ausgemusterte Satelliten lassen sich durch Bremssegel schnell zum kontrollierten Absturz bringen.

Ausgediente Satelliten auf niedrigen Umlaufbahnen befinden sich oft Jahrzehnte im Orbit, bis sie schließlich beim Wiedereintritt verglühen. Bremssegel bieten die Möglichkeit, die Entsorgung solch ausgedienter Satelliten wesentlich zu beschleunigen. Ein erster Test ist nun mit einem Satelliten des italienischen Dienst­leisters D-Orbit gelungen: Mit Hilfe des vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit­entwickelten autonomen Bremssegels ADEO des Raumfahrt­unternehmens HPS bremste der Satellit in kürzester Zeit durch die dünne Rest­atmosphäre der Erde, um dann in die dichtere Erdatmosphäre einzutreten. Dort wird er in den nächsten Monaten rückstands­los verglühen.

 

Abb.: Das entfaltete Segel bremst den Satelliten ab. (Bild: HPS)
Abb.: Das entfaltete Segel bremst den Satelliten ab. (Bild: HPS)

Raumfahrzeuge sind auf niedrigen Umlaufbahnen der Reibung durch die Rest­atmosphäre ausgesetzt. Ohne Bahnkorrekturen erfolgt eine langsame Abbremsung auf immer tiefere Bahnen, bis es zum Wieder­eintritt kommt. Bremssegel nutzen diesen Effekt, um mit einer größeren Oberfläche eine größere Bremswirkung und damit ein deutlich schnelles Absinken zu erzeugen. Für die niedrigen Umlaufbahnen bis etwa in 800 Kilometer Höhe können mitgeführte Brems­segel zukünftig eine unkontrollierte Verschmutzung des Weltraums durch neue Schrott- und Kollisionstrümmer verhindern. Darüber hinaus tragen solche Segel dazu bei, die Betriebszeit eines Satelliten zu verlängern. Denn für die Entfaltung und den folgenden passiven Abstieg wird kein Antrieb benötigt.

Seit vielen Jahren entwickelt das DLR zusammen mit der Münchener Firma HPS Widerstandssegel im Rahmen verschiedener ESA-Projekte. Zuletzt wurde das ADEO-Segel beim DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen getestet und für den Weltraum­einsatz qualifiziert. Das getestete Modell hat ein Gewicht von 800 Gramm, einem Packmaß von zehn Kubik­zentimetern und eine entfaltete Segelfläche von 3,6 Quadratmetern. Die Qualifikation umfasste Vibrations-, Schock und Thermal-Vakuum-Tests. Das Segel wurde dabei mehrmals in einer Thermal-Vakuum-Kammer entfaltet, um nachzuweisen, dass dies auch unter Weltraum­bedingungen funktioniert und es die hohen Lasten beim Start übersteht. Nun bestätigten sich die Tests mit der erfolgreichen Entfaltung des ADEO-Bremssegels im Weltall auf der Mission WILD RIDE.

Nach diesem ersten Erfolg arbeiten bereits mehrere DLR-Institute gemeinsam mit HPS an weiteren Verbesserungen des Systems. Ein Fokus liegt hierbei auf der Entwicklung und Qualifikation von wenig reflektierendem robustem Segel­material. Hierzu führt das DLR beispielsweise spezielle Bestrahlungstests durch. Weiterhin wird das 25 Quadratmeter große Nachfolgemodell ADEO-L derzeit mit im DLR entwickelten ausrollbaren Masten aus kohlenstoff­faserverstärktem Kunststoff (CFK) zusammengebaut. Weitere Tests in Bremen folgen. Mitte 2023 soll dann auch ADEO-L seine erste Mission in den Weltraum gehen.

DLR / DE

 

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