20.06.2007

Bund will Bafög erhöhen

Angesichts neuer Daten bekräftigte die Bundesregierung ihre Absicht, das Studenten-Bafög «spürbar» zu erhöhen, um mehr Kinder aus bildungsfernen Schichten für ein Studium zu gewinnen.

Berlin (dpa) - Die soziale Stellung der Eltern entscheidet in Deutschland weiter maßgeblich über den Bildungserfolg eines Kindes. Angesichts neuer Daten in der Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes (DSW) bekräftigte die Bundesregierung am Dienstag ihre Absicht, das Studenten-Bafög «spürbar» zu erhöhen, um mehr Kinder aus bildungsfernen Schichten für ein Studium zu gewinnen. Dringend benötigt würden vor allem mehr Studenten der Ingenieur- und Naturwissenschaften, sagte Bildungs-Staatssekretär Andreas Storm (CDU). Damit soll auch auf den drohenden Fachkräftemangel reagiert werden.

Die neue DSW-Sozialerhebung belegt, dass von 100 Akademikerkindern 83 den Weg in die Hochschule finden. Von 100 Nicht-Akademikerkindern sind dies dagegen nur 23. DSW-Präsident Rolf Dobischat sagte: «Die fehlende Chancengleichheit ist für eine Demokratie beschämend.»

Dabei beginnen die sozialen Bildungsbarrieren schon in der Schule. Von 100 Akademikerkindern schaffen nach der zehnten Klasse 88 den Sprung in die gymnasiale Oberstufe. Nahezu alle (94 Prozent) erwerben anschließend auch das Abitur und studieren danach. Von 100 Nicht- Akademikerkindern setzen dagegen nur 46 nach der zehnten Klasse ihre Schulbildung fort. Die Hälfte davon scheitert oder verzichtet trotz Abitur auf das Studium. Dies zeigt ein erstmals für die Studie erstellter «Bildungstrichter» auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes.

Der Wissenschaftler Andrä Wolter vom Hochschul-Informationssystem (HIS) sprach von einer «Selbstreputation» der deutschen Akademiker- Schicht. Dobischat sagte, wenn Deutschland tatsächlich mehr junge Menschen für ein Studium gewinnen wolle, müssten Begabungspotenziale von bildungsfernen und einkommenschwächeren Schichten mobilisiert werden. Nach den Worten von Storm bleibt «die Verwirklichung von Chancengerechtigkeit eine vordringliche Aufgabe der Bildungspolitik».

Die Sozialerhebung zeigt, wie vor allem nach der großen Bafög- Reform von 2001 die Studierquote beispielsweise in der Gruppe der Arbeiterkinder im Westen von zuvor 12 auf 17 bis 18 Prozent leicht angestiegen ist. Dobischat: «Das Bafög wirkt. Es fehlt jetzt aber dringend ein neuer Schub.» Bafög-Fördersätze und Elternfreibeträge sind seit sechs Jahren nicht mehr erhöht worden. Einen neuen Dämpfer bei der Studierbereitschaft von Kindern aus bildungsfernen Schichten fürchtet der DSW-Präsident allerdings durch die Einführung von Studiengebühren in mehreren unionsgeführten Bundesländern.

Der Erhebung zu Folge hat ein Student heute im Schnitt monatlich rund 770 Euro zur Verfügung. Storm verwies darauf, dass dieser Betrag seit der vorherigen Sozialerhebung 2003 in etwa gleich geblieben sei. Unter den Studierenden gibt es beim Einkommen jedoch ein deutliches Gefälle. Jeder dritte liegt unter dem von den Familiengerichten festgelegten Unterhaltsmindestsatz von 640 Euro. Zugleich hat aber auch fast jeder vierte Student mehr als 900 Euro im Monat zur Verfügung.

Für die repräsentative Sozialerhebung wurden rund 17 000 Studenten befragt und verschiedene Mikrozensus-Analysen (kleine Volkszählung) ausgewertet. HIS führt die Sozialerhebung alle drei Jahre im Auftrag des Studentenwerkes durch.

Weitere Einzelheiten aus der 18. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes (DSW):

  • STUDIENNEIGUNG: Söhne oder Töchter aus Beamtenfamilien, bei denen mindestens ein Elternteil selbst über einen Hochschulabschluss verfügt, sind am studierfreudigsten. Von 100 Kindern aus diesen Familien studieren 95. Bei selbstständigen Eltern mit akademischem Abschluss sind dies 88, bei leitenden Angestellten immerhin noch 76 Prozent. Aus Arbeiterfamilien (inklusive Facharbeiter) studieren hingegen nur 17 von 100 Kindern.

  • FINANZBUDGET: Studierende haben im Schnitt 770 Euro monatlich zur Verfügung. Doch es gibt ein deutliches Gefälle: Ein Drittel muss mit weniger als 640 Euro im Monat auskommen, obwohl die Familiengerichte diese Summe als Mindestunterhalt definiert haben. 27 Prozent haben sogar weniger als 600 Euro. Zugleich hat aber auch fast jeder vierte Student mehr als 900 Euro im Monat zur Verfügung.

  • ELTERNANTEIL: Hauptquelle für den studentischen Lebensunterhalt bleiben die Eltern. 90 Prozent der Studierenden bekommen von ihnen einen Zuschuss, im Schnitt 448 Euro im Monat. 60 Prozent der Studenten sichern ihren eigen Lebensunterhalt durch Zuverdienst. Knapp 5 Prozent leben ausschließlich von eigenem Vermögen.

  • WOHNEN: 34 Prozent ihres Monatsbudgets geben Studenten für die Miete aus. Das Leben im Wohnheim ist am preiswertesten. Es kostet im Schnitt 201 Euro im Monat.

  • ESSEN: 83 Prozent der Studenten besuchen im Laufe einer Woche mindestens vier mal eine Mensa oder Cafeteria des Studentenwerks. Dabei sind Männer eher Stammgäste als Frauen.

  • KINDER: 7 Prozent aller Studenten haben ein Kind. Im Erststudium sind dies erst 5 Prozent, in postgradualen Studiengängen (Promotion) hingegen 20 Prozent.

  • AUSLÄNDER: 8 Prozent haben einen Migrationshintergrund. Knapp die Hälfte davon gelten als so genannte Bildungsinländer. Sie haben ihre Hochschulzulassung bereits in Deutschland erworben.

  • QUELLE: Für die repräsentative Sozialerhebung wurden vom Hochschul-Informationssystem (HIS) 17 000 Studenten befragt sowie verschiedene Mikrozensus-Analysen herangezogen.

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