17.10.2012

Bunte Optik durch lichtabsorbierende Beschichtung

Warum eine nanometerdicke Germaniumschicht Gold farbig macht.

Die hauchdünnen Schichten aus Metallen und Dielektrika, mit denen man optische Gläser verspiegelt bzw. vergütet, erfüllen ihre Aufgabe umso besser, je weniger Licht sie absorbieren. Deshalb werden Beschichtungen mit stark lichtabsorbierenden Substanzen in der Optik kaum verwendet. Doch solche Schichten eröffnen ungeahnte Möglichkeiten, wie Wissenschaftler von der Harvard University jetzt herausgefunden haben. Eine Änderung der Schichtdicke um wenige Nanometer kann die Farbe des beschichteten Materials völlig verändern.

Abb.: Beschichtungen von wenigen Nanometern Dicke geben einer Goldoberfläche durch Interferenzeffekte unterschiedliche Farben. (Bild: M. Kats, L. Liu, Harvard U.)

Dass eine dünne, lichtdurchlässige Schicht auffällige Farbeffekte hervorrufen kann, kennt man von Seifenblasen oder von ölbedeckten Wasserpfützen. Dahinter steckt die Interferenz zwischen Lichtstrahlen, die unterschiedliche Wege in der Öl- oder Seifenschicht zurückgelegt haben, bevor sie unser Auge erreichen. Für eine bestimmte Schichtdicke können die an der Ober- bzw. der Unterseite der Schicht reflektierten Strahlen mit einer Lichtwellenlänge λ konstruktiv interferieren. Dazu muss die Schichtdicke /4 betragen, wobei n der Brechungsindex der Schicht ist. Da der Strahl an der Oberseite der Schicht am optisch dichteren Medium reflektiert wird, springt seine Phase um π, sodass beide Strahlen in Phase sind und einander verstärken. Werden hingegen beide Strahlen an optisch dichteren Medien reflektiert, so löschen sie einander aus. Für diese Wellenlänge wird die Lichtreflexion dann unterdrückt.

Ähnliche Zusammenhänge gelten auch für dünne Schichten, die aus einem stark lichtabsorbierenden Material bestehen. Dessen Brechungsindex ist keine positive reelle Zahl sondern nimmt komplexe Werte an. Doch Forscher um Mikhail Kats und Federico Capasso haben erkannt, dass bei Lichtreflexion an solchen Schichten auch Phasensprünge mit anderen Werten als 0 oder π auftreten können. Dadurch ergeben sich neue Möglichkeiten für die Interferenz der Strahlen, die an der Ober- oder der Unterseite der Schicht oder nach mehrfacher Reflexion im Innern der Schicht zurückgeworfen werden. Dabei können auch Schichten, die wesentlich dünner sind als λ/4, Interferenzeffekte hervorrufen, die zudem auch noch unabhängig vom Einfallswinkel des Strahls auftreten.

Kats und seine Kollegen haben Interferenzen an stark absorbierenden Germaniumschichten untersucht. Dazu haben sie eine nahezu lichtundurchlässige Goldschicht von 150 nm Dicke auf eine Siliziumunterlage aufgedampft. Anschließend haben sie die Goldschicht mit einer Germaniumschicht überzogen, deren Dicke sie zwischen 7 nm und 25 nm variierten. Im untersuchten Wellenlängenbereich von 400 nm bis 800 nm hat Germanium einen komplexen Brechungsindex mit relativ großem Imaginärteil, da Germanium für Photonenenergien oberhalb seiner Bandlücke das Licht sehr stark absorbiert. Für die sehr dünne Germaniumschichten macht sich die Lichtabsorption kaum bemerkbar, während der Einfluss des komplexen Brechungsindex auf die Reflexionsbedingungen und damit auf die Interferenzeffekte deutlich sichtbar wurde.

Reflexionsmessungen an der germaniumüberzogenen Goldoberfläche zeigten, dass sich die wellenlängenabhängige Reflektivität aufgrund der Lichtinterferenz in der Germaniumschicht dramatisch änderte, wenn die Schicht nur um wenige Nanometer dicker gemacht wurde. Das führte zu spektakulären Farbeffekten. Bei 7 nm Schichtdicke verfärbte sich die Goldschicht pink, bei 11 nm purpur, bei 15 nm dunkelblau und bei 25 nm hellblau. Während die Interferenzfarben von dünnen (d. h. mehr als λ/4 dicken) lichtdurchlässigen Schichten von dem in der Schicht zurückgelegten Weg des Licht abhängen, und somit auch vom Einfalls- und Betrachtungswinkel, tritt bei den von den Germaniumschichten hervorgerufenen Farbeffekten keine Winkelabhängigkeit auf. Das hat zur Folge, dass auch Goldschichten mit einer rauhen Oberfläche durch einen Germaniumüberzug von konstanter Dicke eine einheitliche Farbe erhielten. Da sich die Dicke der Germaniumschicht photolithographisch im Bereich von µm bis mm strukturieren ließ, konnten die Forscher mit ihrem Verfahren mikroskopisch feine farbige Muster und Bilder herstellen.

Die Forscher glauben, dass man ihr Verfahren vielfältig nutzen kann. So lässt sich anhand der auftretenden Farben die Dicke der Germaniumschicht sehr genau ablesen. Die ultradünne Schicht lässt sich für Solarzellen, Photodetektoren, Bolometer oder als Tarnanstrich nutzen. So überrascht es nicht, dass Kats und seine Kollegen für ihre Erfindung sogleich ein Patent angemeldet haben. Mit einer neugegründeten Firma oder durch Lizenzvergabe wollen sie die ultradünnen, buntmachenden Schichten und ihre Herstellung vermarkten.

Rainer Scharf

OD

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