10.10.2018

Ceres zeigt Polwanderung

Neuorientierung der Drehachse deutet auf komplexes Innen­leben des Zwerg­planeten.

Der Zwergplanet Ceres ist kein ganz gewöhnlicher Bewohner des Asteroiden­gürtels. Mit einem Äquator­durch­messer von 964 Kilo­metern ist er nicht nur dessen größter Himmels­körper, sondern auch der einzige Zwerg­planet in diesem Teil unseres Sonnen­systems. Ceres weist eine unge­wöhn­lich reich­haltige Struktur auf, etwa Bruch­zonen, Kryo­vulka­nismus und einen den Zwerg­planeten umge­benden Gebirgs­kamm. Er hat auch eine über­raschend viel­fältige Ober­flächen­chemie zu bieten, zu der insbe­sondere orga­nische Substanzen gehören. Seine Pol­kappen sind eis­bedeckt, während die Äquator­regionen von Ceres ziem­lich trocken sind. Viele dieser Erkennt­nisse stammen von Messungen der Raum­sonde Dawn, die die NASA 2007 ins All gebracht hat, um den Astero­iden Vesta sowie Ceres zu unter­suchen, wo Dawn schließ­lich 2015 ankam.

Abb.: Diese Falschfarbendarstellung zeigt die Unter­schiede in der Ober­flächen­beschaffen­heit von Ceres. (Bild: NASA / JPL-Caltech / UCLA / MPS / DLR / IDA)

In einigen Daten von Dawn haben sich nun Anzeichen dafür gefunden, dass Ceres je nach Region eine hohe Varia­tion in seiner Dichte hat. Pasquale Trica­rico vom Plane­tary Science Institute in Tucson in den USA hat dies zum Anlass genommen, die Topo­logie von Ceres mit den Gravita­tions­messungen von Dawn abzu­gleichen. Dabei ist er auf ein Phänomen gestoßen, dass von anderen Himmels­körpern in unserem Sonnen­system bereits bekannt ist: Offen­bar hat Ceres eine Umorien­tie­rung seiner Dreh­achse erfahren, so dass seine Pole gewandert sind. Beim Mars etwa hat sich die ursprüng­liche Dreh­achse durch die Ent­stehung der vulka­nischen Tharsis-Region ver­schoben, dessen höchste Erhebung der Olympus Mons ist.

Eine eigenartige Struktur auf Ceres ist ein Gebirgskamm, der den Zwerg­planeten mit einer um 36 Grad zum Äquator ver­setzten Neigung umgibt. Außer­dem fand Tricarico ein Gebiet mit einer besonders dichten Kruste, das ver­mut­lich ver­ant­wort­lich war für die Neu­orien­tie­rung der Zwerg­planeten­achse. Der schräg zur Rota­tion stehende Gebirgs­kamm war dann der ehema­lige Äquator. Interes­santer­weise hat auch der Saturn­mond Iapetus, der etwas größer ist als Ceres, einen äquato­rialen Berg­kamm, der durch Kompres­sions­kräfte zustande gekommen ist.

Das Innenleben von Ceres dürfte demzufolge komplexer aussehen, als man früher ange­nommen hat. Der Zwerg­planet ist wohl ein teil­weise aus­diffe­ren­zierter Körper, der aus mehreren Schichten besteht. Der höchste Berg auf Ceres ist Ahona Mons, nach heutigem Kenntnis­stand ein Kryo­vulkan, der Wasser- oder Eis­gemische aus­stößt. Er befindet sich auf rund zehn Grad süd­licher Breite. Seine Ent­stehung könnte einen Teil der wohl schritt­weise erfolgten Pol­wande­rung ver­ur­sacht haben.

Bei einer solchen Umorientierung der Drehachse wirken große Scher­kräfte auf den Himmels­körper. Diese haben ver­mut­lich zu den beob­ach­teten Bruch­zonen im Gestein geführt. Kleinere Risse im Gestein, die schon vorher durch andere Prozesse vor­gelegen haben, haben sich dann während der Pol­wande­rung ver­größert und schließ­lich zu den ein­drucks­vollen Forma­tionen geführt, die Dawn in den letzten Jahren auf­nehmen konnte.

Anhand der Einschlagskrater auf Ceres konnte Tricarico auch das unge­fähre Alter der ver­schie­denen Forma­tionen bestimmen. Die Dichte­anomalie, die zur Pol­wande­rung geführt hat, hat sich in den ersten paar hundert Milli­onen Jahren nach der Ent­stehung von Ceres gebildet. Die Pol­wande­rung sollte dem­nach inner­halb der ersten Milliarde Jahre seiner Existenz statt­ge­funden haben.

Dirk Eidemüller

RK

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