Chaotisches Wachstum junger Sterne
Ungleichmäßiger Materiezustrom auf Protosterne verursacht Helligkeitsausbrüche.
Sterne entstehen durch den gravitativen Kollaps von Verdichtungen in kühlen Molekülwolken. Zunächst bildet sich ein Protostern, der seine Energie aus der Akkretion von Materie bezieht – noch reichen die Bedingungen im Sterninneren nicht für die Zündung der Kernfusion aus. Der Materieeinfall ist mit einer Umverteilung des Drehimpulses verbunden und erfolgt daher nicht sphärisch symmetrisch, sondern über eine rotierende Scheibe um den Protostern. Bislang gingen die Astronomen von einem quasistationären Zustrom der Materie über diese rotierende Scheibe aus. Beobachtungen eines internationalen Forscherteams um Hauyu Baobab Liu von der Academia Sinica in Taiwan mit dem japanischen Großteleskop Subaru auf Hawaii zeigen jetzt jedoch, dass es sich bei der frühen Entwicklung eines Sterns eher um einen chaotischen Prozess handelt.
Abb.: Die beobachteten Verdichtungen in den Materiescheiben um entstehende Sterne. Die jungen Sterne selbst sind durch eine Blende verdeckt. (Bild: H. B. Liu et al. / AAAS)
Seit langem ist bekannt, dass FU-Orionis-Sterne – junge Vor-Hauptreihen-Sterne – extreme Helligkeitsausbrüche um bis zu sechs Größenklassen zeigen, die mit einer Zunahme der Materieakkretion um den Faktor 1000 einhergehen und mehrere Jahrzehnte andauern können. Was solche Ereignisse im vermeintlich stetigen Materiefluss auslösen könnte und wie diese physikalisch ablaufen, ist bislang nicht befriedigend geklärt.
Liu und seine Kollegen haben nun hoch aufgelöste Beobachtungen im Infrarot-Bereich von mehreren FU Orionis-Objekten durchgeführt. Dazu nutzten sie das „High Contrast Instrument for the Subaru Next Generation Adaptive Optics“ am 8,2 Meter großen Subaru-Teleskop auf dem Mauna Kea. Die Aufnahmen von FU Ori, V1735 Cyg, V1057 Cyg und Z CMa zeigen auffällige Strukturen – Verklumpungen und Spiralarme – in den Materiescheiben um die jungen Sterne mit extremen Helligkeitsausbrüchen. Mithilfe von hydrodynamischen Simulationen und theoretischen Modellen zeigen die Forscher, dass sich die beobachteten Strukturen durch gravitative Instabilitäten in der Entstehungsphase der Materiescheibe bilden können. Die Verdichtungen wandern dann langsam nach innen, fallen schließlich auf den Stern und lösen so Episoden rasanten Wachstums verbunden mit Helligkeitsausbrüchen aus.
Die instabile Phase dauere offenbar mehrere hunderttausend Jahre an, so Liu und seine Kollegen. Nach Ende der Wachstumsphase des Sterns, wenn also seine Strahlung so stark geworden ist, dass sie einen weiteren Materieeinfall unterbindet, können im Überrest der rotierenden Materiescheibe Planeten entstehen. Die Beobachtungen von Liu und seinem Team werfen nun die Frage auf, welchen Einfluss die frühen Instabilitäten in der Scheibe auf den Prozess der Planetenentstehung haben. Eine Antwort darauf können nur weitere Beobachtungen entstehender Planetensystem mit hoher Auflösung liefern.
Rainer Kayser
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RK