20.01.2020

Chiral und porös

Ungewöhnliche Nanostrukturen mit interessanten Materialeigenschaften dank Selbstorganisation.

Unsere genetische Information ist in zwei DNA-Strängen gespeichert, die sich durch einen Selbst­organisations­prozess zur bekannten wendel­treppenartigen Doppelhelix-Struktur zusammenfinden. Wasserstoffbrücken stabilisieren die beiden Stränge dabei und sorgen für die große Stabilität. Inspiriert von solchen natürlichen „Reißverschlüssen“ suchen Forscher unterschiedlicher Disziplinen und Nationalitäten an der TU München nach neuen Verbindungen, um funktionelle Nanostrukturen zu konstruieren und die Grenzen künstlicher Strukturen zu erweitern.
 

Abb.: Nanostruktur auf einer Silber­oberfläche, gebildet durch...
Abb.: Nanostruktur auf einer Silber­oberfläche, gebildet durch Wasserstoff­brücken (Bild: B. Zhang / TUM)

In den Mittelpunkt ihrer Untersuchungen stellten die Wissenschaftler einen neuen Baustein für zweidimensionale Architekturen: eine chemische Gruppe namens Hydroxamsäure. Mitarbeiter des Lehrstuhls für Proteomik und Bioanalytik in Freising versahen ein stabförmiges Molekül an beiden Enden mit einer Hydroxamsäure-Gruppe. Auf atomar glatten Silber- und Goldoberflächen wurden damit dann am Lehrstuhl für Oberflächen- und Grenz­flächen­physik in Garching molekulare Nanostrukturen erzeugt.

Eine Kombination aus Mikroskopie, Spektroskopie und dichte­funktions­theoretischen Untersuchungen zeigte, dass der molekulare Baustein seine Form in der Umgebung der Trägeroberfläche und seiner benachbarten Moleküle geringfügig verändert. Dies führt zu einer ungewöhnlichen Vielfalt supramolekularer Oberflächen­strukturen, gebildet aus zwei bis sechs Molekülen, die durch intermolekulare Wechselwirkungen zusammen­gehalten werden. 

Nur eine Handvoll dieser Motive sind in 2-D-Kristallen organisiert. Darunter entstand ein beispielloses Netzwerk, dessen Muster an geschnittene Zitronen, Schneeflocken oder Rosetten erinnern. Es verfügt über drei verschiedene Poren. Die kleinsten wären in der Lage, ein einzelnes, kleines Gasmolekül wie Kohlen­monoxid aufzunehmen, die größten hätten Platz für ein kleines Protein wie Insulin.

„Art und Anzahl unterschiedlicher Poren, die durch diese kristallinen 2-D-Netzwerke hervor­gebracht werden, sind ein Novum unter den durch molekulare Nanostrukturen erzielten Mosaikstrukturen“, sagt Anthoula Papageorgiou, Letztautorin der Publikation. „Dieses System bietet einzigartige Möglichkeiten für Bottom-up Nano-Templating, die wir weiter erforschen werden.“

Die Innenwände der erhaltenen nanostrukturierten Käfige bieten Stellen, an die Gastmoleküle andocken können. In einigen der größeren Poren beobachteten die Forscher, dass sich drei gleiche Moleküle zu einem chiralen Objekt zusammen­setzten. Wie eine Spieluhr-Ballerina ist dieses Objekt bei Raumtemperatur in Bewegung, was zu einem unscharfen Bild führt.  In zukünftigen Arbeiten möchte das Team solche Phänomene weiter erforschen, um sie für die chirale Erkennung und künstliche Nano-Maschinen zu nutzen.

TUM / DE
 

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