Columbus: Seit fünf Jahren im Orbit
Im Februar 2008 nahmen die ESA-Astronauten Eyharts und Schlegel das europäische Labormodul der ISS in Betrieb.
Von außen sieht es aus wie eine glänzend polierte Tonne, im Inneren enthält es hingegen jede Menge Möglichkeiten für wissenschaftliches Arbeiten in der Schwerelosigkeit - das europäische Forschungsmodul Columbus fliegt seit fünf Jahren an der Internationalen Raumstation ISS durch das Weltall. Betrieben und überwacht wird es aus dem Kontrollzentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Am 7. Februar 2008 saßen die Flugdirektoren dort besonders gespannt an ihren Konsolen: Um 20.45 Uhr mitteleuropäischer Zeit startete das Spaceshuttle Atlantis vom Kennedy Space Center mit dem Forschungsmodul an Bord zur Raumstation. „Der Erwartungsdruck war enorm hoch“, erinnert sich Gerd Söllner, leitender Flugdirektor der Columbus-Mission 1E.
Abb.: Der Roboterarm der ISS hebt das Raumlabor Columbus aus der Ladebucht der Raumfähre Atlantis. (Bild: ESA / NASA)
Doch zunächst wurde die Geduld aller Beteiligten auf eine Probe gestellt: Der geplante Start am 6. Dezember 2007 wurde abgebrochen, weil nicht alle Treibstoffsensoren des Shuttles funktionierten. Die Astronauten reisten wieder ab und kehrten zu Training und Familien zurück. Am 7. Februar 2008 waren dann alle technischen Probleme behoben, und das Forschungsmodul startete zu seinem Bestimmungsort etwa 400 Kilometer über der Erde. „Wir saßen natürlich alle schon während des Starts an unseren Konsolen“, sagt Flight Director Söllner. „Knapp zwei Stunden nach dem Start erhielten wir dann schon die ersten Telemetriedaten der Experimente, die an der Außenseite des Forschungsmoduls installiert werden sollten.“ Diese mussten auch schon während des Flugs zur Raumstation minimal beheizt werden, damit die empfindlichen Instrumente den Transport überstanden. Columbus schlummerte da noch unbeteiligt in der Ladebucht des Shuttles.
Abb.: Hans Schlegel führte bei einem Weltraumspaziergang Arbeiten an der Außenwand des Moduls durch. (Bild: NASA)
Zwei Tage später – am 9. Februar – hob der Roboterarm Columbus aus dem Shuttle und koppelte es an die Raumstation. Das europäische Forschungsmodul war bereit für die Inbetriebnahme. Wie beim Einzug in ein neues Haus schalteten die Ingenieure des DLR nach und nach die wichtigsten Funktionen ein: Strom und Heizung funktionierten. „Alles, was für die Minimalversorgung wichtig war, war da – aber alle weiteren Kommandos kamen nicht am Forschungsmodul an.“ Im Columbus-Kontrollzentrum und in Houston startete die fieberhafte Suche nach dem Fehler. Bereits seit 2001 hatten die Ingenieure am Ablauf der Mission gefeilt, minutiöse Pläne aufgestellt und für mögliche Fehler konkrete Abläufe vorgesehen. Schließlich war die Ursache gefunden: Ein Hauptcomputer der NASA auf der ISS leitete die Kommandos aus Oberpfaffenhofen nicht an Columbus weiter. „Dieser Fehler war einfach nicht vorhersehbar“, sagt Gerd Söllner. „Damit war unser lange vorher festgelegter Ablaufplan erst einmal zerschossen.“
Anderthalb Tage brachte das die sorgfältig erstellte Timeline in Rückstand. Während eine Mannschaft im Kontrollraum an der Konsole die aktuellen Arbeiten durchführte, grübelte einen Raum weiter das „Anomaly Resolution Team“ über der optimalen Umplanung. „Dafür ist ein Kontrollzentrum nun mal da.“ Die Crew im Weltraum mit dem deutschen Astronauten Hans Schlegel wurde erst einmal mit dem Einbau der Hardware beschäftigt, installierte die Experimentierracks, löste Sicherheitsschrauben. Insgesamt 13 Tage arbeitete das Columbus-Team im Kontrollraum rund um die Uhr in Vollbesetzung, um das Forschungsmodul und seine Experimentanlagen in Betrieb zu nehmen.
Seit fünf Jahren laufen mittlerweile Experimente aus den verschiedensten Bereichen in der glänzend polierten „Tonne“ mit dem technischen Innenleben. Gravitationsbiologie, Strahlen- und Astrobiologie, Humanphysiologie oder auch Materialphysik gehören zu den Forschungsgebieten: Wie funktioniert der Knochen- und Muskelabbau des Menschen? Wie verhalten sich Pflanzen in der Schwerelosigkeit? Welche Eigenschaften haben Kristalle? Wie verhält sich die Strömung im Erdinneren? Gesteuert werden die Experimente aus verschiedenen Kontrollzentren in Europa – wie zum Beispiel dem MUSC, dem Nutzerzentrum für Weltraumexperimente am DLR Köln. Von dort aus führen die Wissenschaftler ihre Experimente im Biolab an Bord des Forschungsmoduls Columbus durch. Das Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen wartet das Modul und ermöglicht den Experimentbetrieb. „Wir haben unseren Kontrollraum auch heute noch rund um die Uhr besetzt“, erläutert Gerd Söllner. „Zwar mit kleinerer Mannschaft, aber dennoch 24 Stunden und sieben Tage in der Woche.“
DLR / OD