10.09.2010

Computer-Chips für extreme Hitze

Nanomechanische Schalter aus Siliziumkarbid arbeiten ohne Leckströme bei bis zu 500 Grad Celsius.

Nanomechanische Schalter aus Siliziumkarbid arbeiten ohne Leckströme bei bis zu 500 Grad Celsius.

Wenn es zu warm wird, stoßen herkömmliche Computerchips an ihre Grenzen. Störende Leckströme nehmen zu und thermisch erzeugte Elektronen führen zu falschen Schaltsignalen. Um auf eine aufwendige Wärmeisolation oder komplexen Kühlmethoden verzichten zu können, schlagen amerikanische Wissenschaftler nun einen Wechsel von Halbleiter-Transistoren aus Silizium auf nanoelektromechanische Schalter (NEMS) aus dem hitzefesten Material Siliziumkarbid (SiC) vor. Bei Temperaturen von bis zu 500 Grad Celsius können diese Module ohne Leckströme Schaltfrequenzen von bis zu einem Gigahertz erreichen.

Abb.: Der nanoelektromechanische Schalter (NEMS) aus SIliziumkarbid unter dem Rasterelektronenmikroskop. (Bild: Science, CASE)

"Elektronische Siliziumkarbid-Plattformen gelten heute als die viel versprechendste Technologie für Hochtemperatur-Anwendungen", berichten Te-Hao Lee und seine Kollegen von der Case Western Reserve University in Cleveland. Erste Feldeffekttransistoren nutzen bereits die breite Bandlücke von Siliziumkarbid, sind aber noch vergleichsweise groß und brauchen hohe Schaltspannungen. Diese Probleme konnte die Forschergruppe um Lee nun mit einem filigranen SiC-Modul, das sich bereits mit Spannungen von sechs Volt schalten ließ, lösen.

Auf einem Siliziumwafer mit einer etwa 500 Nanometer dicken Schicht aus Siliziumdioxid deponierten sie mit Hilfe der Elektronstrahl-Lithographie und herkömmlichen Ätzmethoden eine dreidimensionales, nanomechanisches Hebelwerk. Bei angelegten negativen oder positiven Schaltspannungen wirkten wahlweise auf zwei etwa 200 Nanometer dicke SiC-Hebel elektrostatische Kräfte. Dadurch wurden sie angezogen und konnten einen elektrischen Kontakt zwischen zwei getrennten Elektroden aufbauen. Dieser Schaltprozess entspricht der logischen Funktion eines Inverters.

Bei Raumtemperatur erreichten die Forscher eine Schaltfrequenz von 21 Milliarden Zyklen pro Sekunde, bei 500 Grad Celsius sank sie auf etwa zwei Milliarden Zyklen pro Sekunde ab. Wegen der geringen Leckströme von weniger als zehn Femtoampere konnte zuverlässig zwischen "An" und "Aus" entsprechend den digitalen Werten "1" und "0" unterschieden werden. Um eine Oxidation der verwendeten Materialien zu vermeiden, wurden diese Versuche unter einer schützenden Stickstoffatmosphäre durchgeführt.

Im Vergleich zu den 90-Nanometer-Strukturen herkömmlicher Silizium-Transistoren ist dieser nanomechanische Inverter mit einem Zehntel Quadratmikrometer recht groß. Doch mit verbesserten nanolithografischen Verfahren hoffen die Forscher auf eine weitere Verkleinerung. Auch die Schaltspannungen könnten mit kleineren Abständen weiter gesenkt werden. Vorbild sind hier NEMS-Module mit Hebeln aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen, mit denen Schaltspannungen von vier Volt bereits erreicht wurden. Dieser Werkstoff ist für Hochtemperatur-Anwendungen allerdings nicht geeignet.

Bis zu einem funktionierenden NEMS-Prozessor ist der Weg allerdings noch weit. Lee und Kollegen sehen dennoch zahlreiche Anwendungsgebiete. Als Kontrolleinheiten in Triebwerken, bei Tiefbohrungen oder geothermischen Anlagen mit Umgebungstemperaturen von 300 bis 600 Grad Celsius könnte dann auf diese SiC-Schalter zurückgegriffen werden. Statt unter einer Schutzatmosphäre könnten die Module in einer kleinen, luftdichten Vakuumkammer vor Oxidationsprozessen geschützt werden.

Jan Oliver Löfken

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Weiterführende Literatur:

PH

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