Curiosity wagt den Abstieg
Am Montag kommt der bisher schwerste Rover auf dem Mars an. Seine Landung erfordert eine beispiellose Choreografie.
Bisher verläuft die Reise des größten jemals gestarteten Marsrovers gut. Das Mars Science Laboratory mit dem Beinamen Curiosity (Neugier) wird am kommenden Montag um 7:31 Uhr (Mitteleuropäischer Sommerzeit) im Galekrater auf dem Roten Planeten landen. In den vergangenen Tagen führten NASA-Ingenieure ein winziges Korrekturmanöver aus, um die anvisierten Landellipse sicher anzusteuern. Sie ist nur 6 mal 20 Kilometer groß und liegt im 154 Kilometer großen Galekrater. Außerdem kontrollierten Techniker die Funktionsfähigkeit des Radarsystems, das wenige Minuten vor dem Aufsetzen Höhe und Geschwindigkeit genau bestimmen muss.
Abb.: Die Landung vertraut auf vier unerlässliche Komponenten: Die Marsatmosphäre, Überschallraketen, einen Fallschirm und eine Batterie Bremsraketen des "Himmelskrans". (Bild: NASA/JPL-Caltech)
Das gesamte hochkomplexe Landemanöver macht die 2,5 Milliarden US-Dollar teure Mission zum Wagnis. Curiosity wird mit vier Bremsmechanismen von sechs Kilometern pro Sekunde auf Null abgebremst und zum Teil auch gelenkt. Die Landekapsel erreicht zunächst in einer Höhe von 125 Kilometern die obersten Schichten der dünnen Marsatmosphäre. Sie heizen den Hitzeschild auf bis zu 2100 Grad Celsius. Kleine Düsen auf der Kapselrückseite steuern diesen Überschallflug: Sie fliegt dadurch etliche S-förmige Kurven, wodurch sich die Bremswirkung der dünnen Marsluft vergrößert. Gleichzeitig überprüft der Bordcomputer, dass das winzige Landegebiet dennoch eingehalten wird.
Erst elf Kilometer über der Oberfläche öffnet eine pyrotechnische Sprengladungen den größten Überschall-Fallschirm, der jemals eingesetzte wurde. Mit einem Durchmesser von 16 Metern ist er noch etwas ausgedehnter als bei den Vorgängerrovern Spirit und Opportunity. Er wird rund 100 Sekunden aufgespannt, wiegt nur 45 Kilogramm, muss aber das 500-fache seiner irdischen Gewichtskraft bewältigen.
Nach dem Abwurf des Hitzeschilds beginnt die vielleicht kritischste Missionsphase: Das Radarsystem der Abstiegsstufe bestimmt die Relativgeschwindigkeit zum Boden und die genaue Höhe. Eine Batterie von acht Bremsraketen gleicht den Rückstoß des abgeworfenen Fallschirms aus. Jetzt tragen die Düsen 1,6 Kilometer über der Planetenoberfläche das gesamte Gewicht. In rund 20 Metern Höhe ist das Fluggerät schließlich gestoppt und der „Himmelskran“ nimmt seine Arbeit auf: Die Abstiegsstufe seilt das 900 Kilogramm schwere Marslabor ab. Dann werden Seil und Leitungen gekappt und die Raketenstufe entfernt sich schnell. Sie könnte sonst nicht nur den Rover beschädigen, sondern durch aufgewirbelten Staub auch die Funktionsfähigkeit seiner Instrumente gefährden.
Dieser Plan muss genau so gelingen, denn für keines der Landesysteme gibt es Ersatz an Bord. Umso wichtiger ist es, dass alle Ereignisse während des siebenminütigen Abstiegs in Echtzeit verfolgt werden können. Die Erde ist zum Landezeitpunkt bereits unter dem Horizont versunken. Mit Mars Odyssey ist nur einer von drei aktiven Marssatelliten in Reichweite, um Daten zu empfangen, zu speichern und weiterzuleiten. Doch der betagte Orbiter ist bereits angeschlagen: In den letzten Monaten hatte er sich zweimal in einen funktionsunfähigen Sicherheitsmodus versetzt und konnte vom Ingenieuren erst vor wenigen Tagen wieder daraus befreit werden. Ein Korrekturmanöver für den pünktlichen Überflug der Sonde fand schließlich vergangene Woche statt. Die ersten Daten aus dem Galekrater dürften somit pünktlich in die Kontrollräume gelangen.
Karl Urban
Video: NASA-Ingenieure erklären, wie komplex das Landesystem des 900 Kilogramm schweren Rovers ist. (Quelle: NASA)
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