Das Kyotoprotokoll lebt
Das Kyotoprotokoll lebt - aber es hat noch mit einigen Krankheiten zu kämpfen.
Das Kyotoprotokoll lebt
Montréal (dpa) - Die Welt-Klimakonferenz in Montréal hat das Kyoto-Protokoll zwar zum Leben erweckt, es hat jedoch noch einige Krankheiten. Die Kyoto-Mitgliedstaaten haben das detailreiche Regelwerk zum Kyoto-Protokoll angenommen und damit das erste große Ziel der Montréaler Konferenz bereits in der ersten von zwei Verhandlungswochen erreicht. Die Regeln sind nun auch formal anwendbar. Allerdings ist das Kontrollsystem dazu, ob die Länder ihre Ziele auch erfüllen, noch nicht verabschiedet.
Zudem sind die USA und Australien nicht dabei. Die USA produzierten nach jüngsten Daten des UN-Klimasekretariats im Jahr 2003 rund 40 Prozent der Treibhausgase aller Industrieländer, Australien 3 Prozent.
Der Verhandlungsleiter der deutschen Delegation, Karsten Sach, nannte die Verabschiedung des Regelwerks einen «Meilenstein in der internationalen Klimapolitik». Das Werk war auf den Klimakonferenzen von Bonn und Marrakesch im Jahr 2001 ausgehandelt worden. Im Kyoto- Protokoll hatten mehr als 30 Industriestaaten vereinbart, ihren Ausstoß von Treibhausgasen von 1990 bis 2012 zu senken oder zumindest zu begrenzen. Zur Erfüllung ihrer Klimaschutzziele dürfen die Industrieländer nun auch offiziell mit Emissionsrechten handeln, Projekte zur umweltfreundlichen Entwicklung in ärmeren Ländern finanzieren oder Projekte in anderen Industrieländern realisieren - etwa energieeffiziente Kraftwerke in Osteuropa bauen.
Deutschland könne sein Treibhausgas-Reduktionsziel von minus 21 Prozent auch ohne diese zusätzlichen Projekte erreichen, sagte Sach. Deutsche Unternehmen sollten jedoch die Chance zu solchen Projekten haben. Auch die Entwicklungsländer hätten großes Interesse an den Hilfen zur umweltfreundlichen Entwicklung (Clean Development Mechanism, CDM). Deutschland wolle, dass dieses Verfahren ein Erfolg werde, «weil es moderne Umwelttechniken in die Entwicklungsländer bringt», betonte Sach.
Die deutschen Projekte gehen laut Sach in der Regel nicht vom Staat, sondern von Unternehmen aus. So sind 47 Projekte zur umweltfreundlichen Entwicklung geplant, vor allem in China, Indien und Afrika. Ebenfalls 47 Pläne gibt es für Osteuropa, insbesondere in Russland, der Ukraine, Bulgarien, Polen und Rumänien.
Die Umweltorganisation WWF begrüßte die Annahme des Marrakesch- Regelwerkes. «Es gibt aber einen großen Wermutstropfen, und zwar, dass die Erfüllungskontrolle nicht verabschiedet worden ist», sagte der Chef der europäischen WWF-Klimaschutzpolitik, Stephan Singer. «Saudi-Arabien blockiert das Ganze mit rechtlich formalistischen Argumenten. Das ist eine Verzögerungstaktik.» Zur Lösung der Frage wurde eine so genannte Kontaktgruppe eingerichtet. Führt sie keine Einigung herbei, muss das Thema notfalls in der Ministerrunde von kommenden Mittwoch an besprochen werden.
Jetzt geht es auf der Konferenz vor allem noch darum, wie der Klimaschutz vom Jahr 2013 an weitergeführt wird. Costa Rica und Papua-Neuguinea hatten den Vorschlag eingebracht, künftig auch die vermiedene Zerstörung der Urwälder anrechnen zu lassen. Industrieländer, die ihre Klimaschutzziele nicht erfüllen, könnten etwa Geld für den Walderhalt geben. Die USA hatten sich wiederholt dagegen ausgesprochen, in Montréal mit Verhandlungen für den künftigen Klimaschutz zu beginnen. Im Kyoto-Protokoll steht jedoch ausdrücklich, dass die Erörterungen in diesem Jahr beginnen sollen.
Simone Humml, dpa
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Klimakonferenz:
http://unfccc.int/2860.php