Das schnellste Elektronenmikroskop der Welt

Wechselwirkungen von Licht und Materie mit Attosekunden-Zeitauflösung gefilmt.

Elektronen­mikroskope geben uns Ein­blick in aller­kleinste Material­details und können bei­spiels­weise den atomaren Auf­bau von Fest­körpern, die Struktur von Mole­külen oder die Form von Nano­par­tikeln sichtbar machen. Die meisten Materialen in der Natur sind jedoch nicht statisch, sondern inter­agieren, bewegen sich und formen sich ständig um. Eines der wichtigs­ten Phänomene ist beispiels­weise die Wechsel­wirkung zwischen Licht und Materie, die unter anderem in Solar­zellen, Displays oder Lasern allgegenwärtig ist. Diese Inter­aktionen – definiert durch Elek­tronen, die von den Schwingungen des Lichts bewegt werden – laufen extrem schnell im Bereich von Atto­sekunden ab, dem Milliard­stel einer Milliardstel­sekunde.

Abb.: Experi­men­teller Auf­bau des...
Abb.: Experi­men­teller Auf­bau des Atto­sekun­den-Elek­tro­nen­mikro­skops. (Bild: Dr. Gillian Kiliani, Uni­ver­sität Konstanz)

Bisher war es daher nicht möglich, diese Vor­gänge direkt sicht­bar zu machen. Einem Team aus Physikern der Uni­versität Konstanz gelang es nun jedoch, in einem Trans­missions-Elek­tronen­mikro­skop extrem schnelle Filme mit Atto­sekun­den-Zeit­auf­lösung auf­zunehmen und so neue Erkennt­nisse über die Funktions­weise von Nano­mate­rialen und di­elek­trischen Meta-Atomen zu erlangen.

„Fast alle Phänomene in der Optik, Nano­photonik oder bei Meta­materialien laufen, wenn man genau hinschaut, in Atto­sekunden ab, also in Zeit­spannen kürzer als ein Licht­zyklus“, erklärt Peter Baum, Professor und Leiter der Arbeits­gruppe für Licht und Materie am Fachbereich Physik der Universität Konstanz. „Um die ultra­schnellen Wechsel­wirkungen zwischen Licht und Materie sich­tbar machen zu können, ist daher eine Zeit­auf­lösung unter­halb der Schwingungs­dauer des Lichts erforderlich.“ Um eine solche Zeit­auf­lösung zu erreichen, verwendet Baums Arbeitsgruppe die extrem schnellen Schwingungen eines Dauer­strich­lasers, um den Elek­tronen­strahl eines Elek­tronen­mikro­skops in eine Abfolge ultra­kurzer Elek­tronen­impulse um­zu­wandeln.

Eine dünne Membran erzeugt dabei eine periodische Be­schleu­nigung und Ab­bremsung der Elektronen. „Dies führt dazu, dass die Elektronen sich gegen­seitig einholen und sich nach einiger Zeit in eine Reihe ultra­kurzer Elektronen­impulse verwandeln“, führt Doktorand David Nabben aus, der Erst­autor der Studie ist. Eine weitere Laser­welle erzeugt die zu unter­suchende Wechsel­wirkung mit dem Proben-Objekt. Mit den ultra­kurzen Elektronen­impulsen werden dann das Objekt und seine zeitlich wie in einem Strobo­skop ein­gefrorene Reaktion auf das Laser­licht gemessen. Am Ende erhalten die Forscher filmartige Aufnahmen der Abläufe mit Atto­sekunden-Zeit­auflösung.

In ihrer Studie präsen­tieren die Wissen­schaftler mehrere Bei­spiele für zeit­auf­gelöste Mes­sungen in Nanomaterialien. Die Expe­rimente zeigen unter anderem chirale Ober­flächen­wellen, die die Forscher einstell­bar in eine ausgezeichnete Raum­richtung laufen lassen können, oder charak­teris­tische Ver­zögerungen zwischen ver­schiedenen Strahlungs­arten von Nanoantennen. Dabei ist es nicht nur möglich, Ober­flächen­phänomene zu unter­suchen, sondern es können beispiels­weise auch die elektro­magne­tischen Abläufe im Inneren eines flächigen Wellen­leiters als Film dar­gestellt werden.

Die Ergebnisse sind für Weiter­ent­wicklungen in der Nano­photonik hoch­inte­ressant und demon­strieren gleich­zeitig das sehr breite An­wendungs­spektrum der neuen Atto­sekunden-Elek­tronen­mikros­kopie. „Die direkte Messung der elektro­magnetischen Funktio­nalität von Materialien als Funktion von Raum und Zeit ist nicht nur für ein funda­mentales Verständnis der Licht-Materie-Wechsel­wirkung wertvoll, sondern es er­mög­licht auch Neu­ent­wicklungen bei photonischen integrierten Schalt­kreisen oder Metamaterialien“, fasst Nabben die Bedeutung des erzielten Durch­bruchs zusammen.

Uni Konstanz / LK

 

 

 

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