05.07.2017

Das Zittern der Teilchen

Erstmals einzelne Zusammenstöße von Atomen bei der Diffusion beob­achtet.

Obwohl Medien aus einzelnen Teilchen bestehen, wird die Diffusion als konti­nuier­licher Prozess wahr­genommen. Effekte eines einzelnen Stoßes zwischen Teilchen wurden bislang nicht beob­achtet. Jetzt konnten Forscher der TU Kaisers­lautern und der Uni Erlangen-Nürnberg erst­mals die funda­mentalen Schritte bei der Diffusion einzelner Atome in einem Gas beob­achten und theo­retisch beschreiben.

Abb.: Eine Vakuumzelle, mit der die Forscher ihre Versuche durch­führen. (Bild: TU Kaisers­lautern)

„Diffusion ist in vielen Bereichen von großer Bedeutung und liegt vielen Trans­port­vor­gängen zugrunde, zum Beispiel in lebenden Zellen oder auch in Energie­speichern“, sagt Artur Widera von der TU Kaisers­lautern. „Ein Ver­ständnis von Diffu­sions­vor­gängen ist daher in fast allen Bereichen von Lebens­wissen­schaften über Natur­wissen­schaft bis zu Techno­logie­entwick­lung wichtig.“ Ein einfaches Ver­ständnis von Diffusion gelingt, wenn man die ein­zelnen Zusammen­stöße von Teilchen vernach­lässigt. „In diesem Zusammen­hang sprechen wir von einem konti­nuier­lichen Medium, in das etwa ein größeres Teilchen hinein­diffun­diert. Diese Verein­fachung ist umso besser, je kleiner die Masse der Teilchen im Medium und je größer die Frequenz der Zusammen­stöße ist“, sagt Michael Hoh­mann von der TU Kaisers­lautern. Ein Beispiel aus dem Alltag ist Nebel. Er kann als ein solches Medium ange­sehen werden, obwohl er aus winzigen ein­zelnen Wasser­tropfen besteht.

Für ihr Experiment haben die Forscher die Bedingungen, die bei einem kontinuierlichen Medium herrschen, geändert: „Wir haben für die Diffusion statt großer Teilchen, wie etwa Pollen, einzelne Atome verwendet, die fast die gleiche Masse wie Atome des Gases haben. Außerdem haben wir ein sehr kaltes, dünnes Gas ver­wendet, um die Frequenz der Stöße drastisch herunter­zu­setzen“, erläutert Hoh­mann. Erst­mals haben Forscher hierbei beob­achtet, wie Cäsium-Atome in einem Gas aus Rubidium-Atomen fast am absoluten Tempe­ratur­null­punkt diffun­dieren. „Die Atome haben wir in einer Vakuum­apparatur mit Laser­strahlen gekühlt und fest­ge­halten. Die Diffu­sion wurde dadurch der­artig verlang­samt, dass einzelne Schritte der Diffu­sion zu sehen waren“, erläutert Widera den Versuchs­aufbau.

Bei der theoretischen Beschreibung des Experiments wurde das Team von Eric Lutz von der Uni Erlangen-Nürn­berg um unter­stützt, der die mathe­matische Model­lierung mitent­wickelt hat. „Mit diesem neuen Modell können wir die Bewe­gung der Atome nun besser beschreiben“, sagt Lutz. Gemein­sam konnten die Wissen­schaftler nach­weisen, dass es reicht, den Reibungs­faktor bei der theore­tischen Berech­nung des konti­nuier­lichen Modells zu ver­ändern. Auf diese Weise lassen sich auch Fälle beschreiben, bei denen es sich wie im Versuch nicht um ein konti­nuier­liches Medium handelt. Das ist zum Beispiel in den dünnen Luft­schichten der oberen Atmo­sphäre, im inter­stellaren Raum oder in der Vakuum­techno­logie der Fall, wenn sich hier Aero­sole, ein Gemisch aus Schweb­teilchen, aus­breiten. Die Erkennt­nisse der Forscher können beispiels­weise von Interesse sein, um die Aus­breitung von Aero­solen in der Atmo­sphäre oder von Gasen in Vakuum­anlagen besser zu ver­stehen.

TUK / RK

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