01.04.2019

Datenflut im Griff

Helmholtz-Plattform für computergestützte Forschung in vielen Bereichen.

Forscher und IT-Experten am Helmholz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) übernehmen neue informations­technologische Aufgaben in der Helmholtz-Gemeinschaft, um die computer­gestützte Forschung voranzubringen. Beim Projekt „HIFIS“ helfen sie den Wissenschaftlern an den Helmholtz-Zentren, Forschungs­software professionell zu entwickeln. Bei „HAICU Local“ wenden sie „Künstliche Intelligenz“ (KI) im Forschungsgebiet Materie an.

 

Abb.: Analyse großer Datenmengen im Rechenzentrum des HZDR (Bild: D. Müller /...
Abb.: Analyse großer Datenmengen im Rechenzentrum des HZDR (Bild: D. Müller / HZDR)

Ein Beispiel für die Aufgaben der Dresdner Spezialisten innerhalb der „Helmholtz Artifical Intelligence Cooperation Unit“ (HAICU) sind die Experimente im ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen. „Hochgeschwindigkeits-Sensoren nehmen hier beispielsweise die schnellen Schwingungen von Molekülen auf und speichern sie als digitale Bilder. Dabei entstehen in jeder Sekunde vierzig Gigabyte Daten – und das rund um die Uhr. Diese Datenfluten bekommt man mit vernünftigem Aufwand gar nicht wegtransportiert“, erläutert Guido Juckeland, Abteilungsleiter „Computational Science“ am HZDR. Daher sortiert gleich an den Kameras eine KI die Doubletten aus, reduziert die Bilderflut auf das Wesentliche.

Das HZDR wird sich auf solche und andere KI-Anwendungen im Forschungsbereich Materie konzentrieren. Andere lokale HAICU-Standorte setzen ihren Fokus auf den KI-Einsatz in der Medizin, Robotik oder Klimaforschung. Die Ergebnisse und Unterstützungsleistungen stellen jeder der fünf lokalen HAICU-Standorte und die HAICU-Zentrale am Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (HMGU) den anderen Helmholtz-Zentren zur Verfügung. Kommen aber zum Beispiel die Dresdner mit ihren KI-Anwendungen nicht weiter, können sie das Problem der HAICU-Zentrale vorlegen, wo die KI-Grundlagenforscher sitzen.

Als Teil von „HAICU Local“ ist auch eine Nachwuchsforschergruppe geplant. Das dreiköpfige Team soll Vorlaufforschung für den KI-Einsatz an Lichtquellen der nächsten Generation betreiben. „Mit diesen Lichtquellen können wir Materie unter extremen Bedingungen studieren, wie sie sonst nur im Weltall auftreten. Hierzu machen wir eine große Menge an Bildern von so hoher Auflösung, dass wir das Verhalten der Materie auf atomarer Skala beobachten können“, so Michael Bussmann, Leiter der Forschungsgruppe „Computergestützte Strahlenphysik“.

An der neuen Infrastruktur „Helmholtz Infrastructure for Federated ICT Services“ (HIFIS) werden elf Partner arbeiten, darunter als Koordinatoren das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg, das HZDR in Dresden und das Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB). Die HIFIS-Partner wollen unter anderem ein eigenes Helmholtz-Netz einrichten, mit dem sich große Datenmengen transferieren und standortübergreifende Kollaborationen vereinfachen lassen. Eine zweite Aufgabe: „Wir wollen nicht von Google, Microsoft und anderen US-amerikanischen Unternehmen abhängig sein“, erläutert IT-Zentralabteilungsleiter Uwe Konrad vom HZDR. Daher soll eine eigene Helmholtz-Cloud entstehen.

Für den dritten HIFIS-Schwerpunkt hat das HZDR die Federführung übernommen: die Software-Entwicklung für wissenschaftliche Anwendungen. Denn oft müssen Forscher für ihre Experimente eigene Computerprogramme schreiben, weil sie mit Standard-Software nicht weiterkommen. „Wir wollen hier zu Standards wie in der Software-Industrie kommen“, erklärt Uwe Konrad. „Wir werden professionelle Entwicklungsumgebungen anbieten, vom Versionsmanagement bis zur Freigabe der Quellcodes für andere Wissenschaftler.“

Wie sinnvoll solch eine Professionalisierung sein kann, hat die Forschungsgruppe von Michael Bussmann gezeigt: Mit eigens entwickelter Simulationssoftware studieren die jungen Wissenschaftler neuartige Konzepte für die Teilchenbeschleunigung, die in Zukunft zum Beispiel in der Krebstherapie zum Einsatz kommen könnten. Hierfür nutzen sie Supercomputer in Dresden, der Schweiz und in den USA. Für diese Arbeiten erhielten die Forscher mehrere Auszeichnungen.

„Wir ernten jetzt die Früchte der neuen IT-Strukturen, die wir in den vergangenen Jahren im HZDR geschaffen haben“, sagt Uwe Konrad. „Durch Spezialisierung und eine organischere, projektorientierte Zusammenarbeit zwischen IT-Spezialisten und Wissenschaftlern in unseren Forschungsbereichen Energie, Gesundheit und Materie haben die HZDR-Experten vielbeachtete Lösungen erzielt. Wir sind dadurch in der Wissenschaftsgemeinde deutlich sichtbarer geworden.“

Zudem sind gemeinsam mit Kollegen der TU Dresden, der Max-Planck-Institute und anderer Partner im „DRESDEN-Concept“-Verbund in der Region wichtige Zentren und Gruppen entstanden, die sich an vorderster Front mit KI, Big Data, maschinellem Lernen und ähnlichen Zukunftsthemen beschäftigen. Neben den Entwicklungs-Aufgaben im Zuge von HAICU und HIFIS wird das HZDR auch Hackathons und andere Weiterbildungsformate für Kollegen aus anderen Zentren anbieten. Für die neuen Aufgaben innerhalb der Helmholtz-Gemeinschaft erhöht sich der HZDR-Etat künftig um rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr, zunächst allerdings beschränkt auf die Projektlaufzeit von fünf Jahren.

HZDR / DE

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