19.07.2016

Datenspeicher nutzt einzelne Chloratome

Prototyp einer atomaren Festplatte erreicht eine bis zu 500 mal höhere Datendichte als die besten verfügbaren Festplatten.

Für jedes Bit nur ein einziges Atom: Damit stellte eine Forscher­gruppe an der Technischen Universität Delft einen neuen Rekord für die Speicher­dichte digitaler Daten auf. Mit rechnerisch 502 Terabits pro Quadratzoll tasteten sie sich an die Grenze der möglichen Speicher­dichte heran. Dabei schrieben die Forscher die Daten über das Verschieben einzelner Chloratome mit der Spitze eines Rastertunnel­mikroskops. „Bei dieser Datendichte würden theoretisch alle jemals geschriebenen Bücher auf eine einzige Briefmarke passen“, sagt der Leiter der Arbeitsgruppe, Sander Otte.

Abb.: Ein Kilobyte des extrem dichter Datenspeicher: Diese Mikroskopaufname (96 auf 126 Nanometer) zeigt einzelne Chloratome auf einer Kupferfläche. Über ihre Position konnten die ersten Sätze einer berühmten Feynman-Vorlesung gespeichert werden. (Bild: TU Delft)

Für ihren Prototyp, der trotz extremer Datendichte nur eine Kapazität von einem Kilobyte hatte, nutzten Otte und Kollegen eine extrem glatte und saubere Kupfer­oberfläche. Unter Vakuum verdampften sie darüber etwas Kupfer­chlorid, so dass sich nach bereits dreieinhalb Minuten tausende Chlor­atome auf der Oberfläche ablagerten. Nach diesem Aufdampfprozess wechselten sich zahlreiche Chlor­atome mit tausenden noch leeren Plätzen, den Vakanzen, ab. Genau diese Kombination aus Chlor­atomen und Leer­stellen bildete die Grundlage für den extrem dichten Daten­speicher. Denn nun brauchten nur einzelne Chlor­atome in eine benachbarte Lücke geschubst zu werden, um zwischen den digitalen Basiswerten „0“ und „1“ hin und her zu schalten.

Als Schreib­werkzeug verwendeten die Forscher die Spitze eines Rastertunnel­mikroskops. Mit winzigen elektrischen Strömen von etwa einem Mikroampere in der Mikroskop­spitze ließen sich die Chloratome mit einer Zuver­lässigkeit von 99 Prozent auf den gewünschten Platz bugsieren. Allerdings zeigte sich dieser Schreib­prozess im Vergleich zu konven­tionellen magne­tischen Fest­platten noch sehr langsam. Um acht Byte zu schreiben, benötigten die Forscher etwa zwei Minuten. Das Auslesen gelang doppelt so schnell. Um die extrem hohe Daten­dichte zu demons­trieren, schrieben Otte und Kollegen die ersten Sätze der berühmten Vorlesung „There´s plenty of room at the bottom“ des Physikers und Vordenkers der Nano­technologie, Richard Feynman, auf ein winziges Areal ihres Chlor-Kupfer-Speichers.

Abb.: Dieses Video demonstriert die Datenspeicherung mit einzelnen Chloratomen. (Quelle: TU Delft)

Für eine bessere Kontrolle ordneten die Forscher Chlor­atome und Vakanzen in kleine Blöcke, die jeweils 64 Bits speichern konnten. Mit einem Areal von knapp 160 Blöcken auf einer Fläche von 96 auf 126 Nanometern erzielten sie eine Kapazität von einem Kilobyte. Diese Areale ließen sich prinzipiell beliebig skalieren, um größere Daten­speicher zu erhalten. Schnellere Schreib- und Lese­prozesse von bis zu einem Megabit pro Sekunde hält Otte mit automatisch verfahrbaren Spitzen von Rastertunnel­mikroskopen für möglich. Für ein automa­tisiertes Schreiben mit einer Mikroskop­spitze waren zudem geschlossene Reihen von Chlor­atomen zwischen den Speicher­einheiten wichtig. „Solche Marker werden häufig in der Halbleiter­industrie genutzt, doch konnten sie noch nie zuvor auf atomarer Skala demonstriert werden“, sagt Otte.

Von einer prak­tischen An­wendungen ist diese Techno­logie noch sehr weit entfernt. Doch im Vergleich zu früheren Ansätzen atomarer Daten­speicher, die sich Daten nur für kurze Zeit merken konnten, zeigte sich dieser Prototyp deutlich stabiler. Gekühlt mit flüssigem Stickstoff statt mit flüssigem Helium blieben die Chlor­atome bei 77 Kelvin fast zwei Tage lang auf ihren zuge­wiesenen Posi­tionen.

Auch Sander Otte ist sich vollkommen bewusst, dass sein Speicher­konzept noch sehr lange auf eine praktische Anwendungen warten muss. Dennoch eröffnet diese Arbeit einen Blick auf die mit konven­tionellen Techniken mögliche Kontrolle einzelner Atome. Ähnlich sieht das der nicht an dieser Studie beteiligte Forscher Steven C. Erwin vom Naval Research Labo­ratory in Washington in einem beglei­tenden Kommentar. „Diese hochdichten Speicher auf der atomaren Skala werden unsere Vor­stellungen für kommende Meilen­steine stimulieren.“

Jan Oliver Löfken

JOL

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