Dauerbetrieb der Tokamaks rückt näher
Experimente an der Fusionsanlage ASDEX Upgrade erfüllen nahezu die Bedingungen für ITER und DEMO.
Ziel der Fusionsforschung ist es, aus der Verschmelzung von Atomkernen kontrolliert Energie zu gewinnen. Weil das Fusionsfeuer erst bei Temperaturen über einhundert Millionen Grad zündet, darf der Brennstoff – ein dünnes Wasserstoffplasma – nicht in Kontakt mit kalten Gefäßwänden kommen. Von Magnetfeldern gehalten, schwebt er nahezu berührungsfrei im Inneren einer ringförmigen Vakuumkammer. Für einen stabilen und dichten magnetischen Käfig müssen die Feldlinien innerhalb der kreisförmigen Kammer in großen, ineinander liegenden Schrauben umlaufen. So spannen sie geschlossene, ineinander geschachtelte Flächen auf. Auf diesen magnetischen Flächen, auf denen die Plasmateilchen laufen, sind die mittlere Feldlinienverdrillung sowie Dichte und Temperatur des Plasmas jeweils konstant, während von Fläche zu Fläche – vom heißen Zentrum nach außen – die Verdrillung der Feldlinien sowie Dichte, Temperatur und Plasmadruck abnehmen.
Abb.: Während des Aufbau von ASDEX Upgrade waren Plasmagefäß und Magnetspulen noch gut sichtbar. (Bild: IPP)
Fusionsanlagen vom Typ Tokamak – wie ASDEX Upgrade in Garching oder der internationale Testreaktor ITER, der gerade im französischen Cadarache aufgebaut wird – benutzen zum Aufbau des Magnekäfigs zwei sich überlagernde Magnetfelder: erstens ein ringförmiges Feld, das durch flache äußere Spulen erzeugt wird, zweitens das Feld eines im Plasma fließenden Stroms. In dem kombinierten Feld laufen die Feldlinien dann schraubenförmig um und bauen die magnetischen Flächen auf.
Der Plasmastrom wird normalerweise pulsweise durch eine Transformatorspule im Plasma induziert. Daher arbeitet die gesamte Anlage nicht kontinuierlich, sondern in Pulsen – ein Manko der ansonsten so erfolgreichen Tokamaks, erklärt Alexander Bock vom MPI für Plasmaphysik: „Zum Beispiel könnte die ständig wechselnde Belastung die Lebensdauer des Kraftwerks verkürzen.“ Abgesehen davon macht der Strom das Plasma anfällig für eine Vielzahl von Instabilitäten, die den Einschluss des Plasmas stören können. Deshalb werden schon lange Methoden untersucht, in einem Tokamak Dauerbetrieb zu erreichen, den Strom im Plasma also nicht pulsweise per Transformator, sondern kontinuierlich – zum Beispiel durch Einstrahlen von Hochfrequenzwellen oder Einschießen von Teilchenstrahlen – zu erzeugen.
In seiner Doktorarbeit untersuchte Bock, welche Effekte sich damit erreichen lassen. Der große Vorteil: Mit einem zumindest teilweise von außen getriebenen Strom lässt sich das Profil des Stroms im Plasma beeinflussen und damit die Verdrillung der Feldlinien maßgeschneidert verändern. Senkt man zum Beispiel den Plasmastrom im Plasmazentrum, nimmt die Verdrillung der Feldlinien dort ab. Über komplexe Zusammenhänge der kollektiven Teilchenbewegungen verstärkt dies den Bootstrap-
Das ist dem ASDEX Upgrade-Team nun durch sorgfältige Steuerung der Entladungen tatsächlich gelungen – und zwar im Unterschied zu früheren Experimenten an der Garchinger Anlage, aber auch an DIII-D in den USA, dem europäischen JET oder dem japanischen JT-60U – erstmals an einer Maschine mit rein metallischer Innenwand. Denn seit 2007 ist die innere Wand des Plasmagefäßes von ASDEX Upgrade komplett mit Wolfram bedeckt, dem Metall mit dem höchsten Schmelzpunkt. Unter diesen herausfordernden, aber reaktorrelevanten Bedingungen gelang jetzt der Betrieb nahezu ohne Transformator, und das bei stabilem Plasma, hohem Plasmadruck und guten Einschlusseigenschaften in einem Wertebereich, in dem auch spätere Kraftwerke arbeiten sollen. Gezielt nahe dem Plasmazentrum eingestrahlte Mikrowellen und Teilchenstrahlen veränderten den Plasmapuls merklich: Für drei Sekunden blieb der achthundert Kiloampere starke Plasmastrom auch ohne Transformator konstant. Der Bootstrap-
IPP / RK