15.11.2016

Dem Rätsel leitender Kunststoffe auf der Spur

Neues Modell erklärt elektrische Leit­fähig­keit und thermo­elek­tri­schen Effekt von Poly­meren.

Immer neue Materialrezepte verbessern die Eigenschaften von leit­fähigen und halb­lei­ten­den Poly­meren. Sie ermög­lichen flache, orga­nische Leucht­dioden, Feld­effekt­tran­sis­toren sowie flexi­ble Dis­plays und Solar­zellen. Aller­dings hinken die theore­tischen Modelle zur Erklä­rung der elek­tri­schen Eigen­schaften der­zeit der Reali­tät hinter­her und liefern nur für Kunst­stoffe mit geringer Leit­fähig­keit schlüs­sige Resul­tate. Diese Lücke ver­suchen nun zwei Forscher aus den USA mit einem erwei­terten Modell für das Ver­halten der elek­tri­schen Ladungs­träger zu stopfen.

Abb.: Modell eines leitfähigen Poly­mers, in denen sich geord­nete Bereiche hoher Leit­fähig­keit und un­ge­ord­nete Arealen gegen­seitig be­ein­flussen. (Bild: S. D. Kang & G. J. Snyder / NPG)

„Wir haben ein mathematisches Modell mit zwei Parametern ent­wickelt, das den experi­men­tell beob­ach­teten Zusam­men­hang zwischen thermo­elek­tri­schem Effekt und elek­tri­scher Leit­fähig­keit er­klären kann“, sagt Jeffrey Snyder von der North­western Univer­sity in Evans­ton. Zusam­men mit seinem Kol­legen Stephen Dongmin Kang vom Cal­tech in Pasa­dena erwei­terte er das der­zeit favo­ri­sierte Modell von hüpfenden Ladungs­trägern, die sich in den Materi­alien zwischen den einzel­nen Poly­mer­ketten mit jeweils be­schränk­ter Länge be­wegen können. Dieses Hopping-Modell er­klärt schlüs­sig die Zu­nahme der Leit­fähig­keit mit stei­gen­der Tempe­ratur. Doch für hohe, bereits beob­ach­tete Leit­fähig­keiten von einigen hundert Siemens pro Quadrat­zenti­meter reicht diese Er­klä­rung nicht aus.

„Unser Modell kombiniert nun Aspekte des Ladungs­trans­ports in Halb­leitern mit dem Hopping-Modell“, sagt Snyder. So beein­flusst eine Dotie­rung mit Fremd­atomen die elek­tro­nischen Eigen­schaften von her­kömm­lichen Halb­leitern wesent­lich. In Poly­meren erkann­ten die beiden Wissen­schaftler, dass sich geord­nete und unge­ord­nete Bereiche mit­ein­ander abwech­seln und gegen­seitig beein­flussen könnten. Sie schlagen nun eine Perko­lation, also eine Art Durch­sickern, dieser beiden Bereiche vor. Da­durch könne eine höhere Leit­fähig­keit geord­neter Ab­schnitte auch auf unge­ord­nete Areale teil­weise über­tragen werden. Erste Ver­gleiche mit Mess­daten von spezi­ellen Poly­thio­phenen und Poly­ace­tylen bestä­tigten, dass eine Perko­lation die höheren Leit­fähig­keits­daten er­klären könnte. Parallel liefert das Modell auch eine Er­klärung für die thermo­elek­tri­schen Eigen­schaften der Poly­mere ver­ur­sacht vom Seebeck-Effekt.

Die exakten physikalischen Abläufe in den leitfähigen Polymeren seien nach Aus­sage der Forscher aber immer noch nicht völlig geklärt. Dennoch liefert der neue Perko­lations-Ansatz ein nütz­liches Modell, um die elek­tri­schen Eigen­schaften der Poly­mere besser in Formeln packen zu können. Snyder und Kang erwarten, dass sich damit die Suche nach weiteren, neuen Poly­meren in Zukunft leichter ge­stal­ten könnte. „Und über den Ver­gleich mit experi­men­tellen Daten“, so Snyder, „könnte auch der wahre Trans­port­mecha­nismus in orga­nischen Leitern im Detail ent­schlüs­selt werden, sowohl für nicht-kris­tal­line, unge­ord­nete als auch für Komposit-Materialien.“

Jan Oliver Löfken

RK

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