Weltweit erstes Single-Source-Photon-Counting-CT in der Strahlentherapie installiert
Anlage zählt jedes einzelne Röntgenphoton und liefert so detailliertere Bilder mit mehr anatomischen und funktionalen Informationen.
Das Nationale Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie OncoRay in Dresden erhielt am 23. Juni den weltweit ersten Single-Source Photon-Counting-Computertomographen, kurz PCCT, in der Strahlentherapie. Diese Anlage zählt jedes einzelne Röntgenphoton, das durch den Patienten führt, und ermöglicht damit die Erfassung detaillierterer Bilder mit mehr anatomischen und funktionalen Informationen. Die Vorteile, die man sich von der Anwendung der PCCT-Technologie in der Strahlentherapie erhofft, sollen nun genau untersucht und quantifiziert werden. Damit unterstreicht das OncoRay einmal mehr seine Vorreiterrolle in der CT-basierten Bestrahlungsplanung für die Protonentherapie.

Strahlentherapie gehört bei der Behandlung bösartiger Tumoren zu den Standardmethoden. Ziel ist dabei die Schädigung der DNA in den Tumorzellen, um diese letztlich zu vernichten. Die Strahlentherapie mit Protonen gilt dabei als besonders schonend für die Patienten. OncoRay – getragen vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, der Medizinischen Fakultät der TU Dresden und dem Universitätsklinikum Dresden – gilt als Vorreiter bei der Entwicklung und klinischen Einführung von technologischen Innovationen in der Protonentherapie. Bereits 2019 konnte am OncoRay mit DirectSPR das bis heute genaueste Verfahren zur CT-basierten Berechnung der Eindringtiefe der Protonen im Patienten in die Patientenversorgung eingeführt werden.
Das Problem bei jeder Bestrahlung ist bisher, dass aufgrund der Unsicherheit in der Protonenreichweite immer auch den Tumor umgebendes gesundes Gewebe mit bestrahlt werden muss, um sicherzustellen, dass der Tumor vollständig getroffen wird. Das auf Dual-Energy-CT basierende DirectSPR-Verfahren ermöglichte, die erforderlichen Sicherheitsräume bei der Bestrahlung um etwa 35 Prozent zu reduzieren. Das Verfahren konnte bisher aber nur für unbewegliche Tumore, etwa im Kopf oder Becken, angewendet werden.
Diese Lücke soll nun mittels der neuen PCCT-Technologie geschlossen werden. Siemens Healthineers hat diese grundlegend neuartige CT-Detektortechnologie 2021 eingeführt, die bisher aber ausschließlich in der Radiologie zur Diagnostik eingesetzt wurde. Ende Mai dieses Jahres hat Siemens Healthineers die nächste Generation an PCCT-Scannern auf den Markt gebracht, die nun auch für die Strahlentherapie zugelassen ist. Am OncoRay wird das weltweit erste Single-Source-Photon-Counting-CT dieser Generation in einer Strahlentherapie installiert.
„Die PCCT-Technologie kombiniert gleich mehrere Vorteile für die Anwendung in der Strahlentherapie: Wir bekommen damit bessere und genauere CT-Aufnahmen, die uns eine noch präzisere Planung der Bestrahlung ermöglichen, und das sehr wahrscheinlich mit weniger Bildgebungsdosis als vorher“, erläutert Christian Richter, Leiter der Abteilung Medizinische Strahlenphysik am OncoRay und gleichzeitig wissenschaftlicher Projektleiter für die CT-Bildgebung in der Strahlentherapie am HZDR. „Ich kann mir nichts anderes vorstellen, als dass in zehn Jahren alle zur quantitativen Bildgebung eingesetzten CTs auf dieser Technologie basieren werden.“ Da das OncoRay gleichermaßen für Patientenversorgung wie für Forschung steht, gehen Forschung und Therapie hier Hand in Hand. So werden technologische Vorteile schnellstmöglich klinisch nutzbar und die Patient*innen profitieren von Forschungserfolgen.
Die PCCT-Technologie bietet für die Strahlentherapie zahlreiche Vorteile, die nun durch die Forscher am OncoRay genau evaluiert und quantifiziert werden sollen. So ist es möglich, die räumliche Auflösung der Bilder im Vergleich zu konventioneller CT-Technologie zu erhöhen oder die gleiche Bildqualität mit niedriger Strahlungsdosis zu erreichen – gegebenenfalls sogar beides gleichzeitig. Außerdem gehen die Wissenschaftler davon aus, dass die Planung der Protonentherapie noch genauer als bisher möglich sein wird.
So könnten die genaueren quantitativen Informationen über die Gewebeeigenschaften zu einer exakteren Vorhersage der Protonenreichweite im Patienten führen und letztlich eine weitere Reduktion des Sicherheitssaumes ermöglichen. Sowohl Bildgebung als auch Bestrahlung werden also noch schonender. Darüber hinaus wird es dank PCCT erstmals möglich, das genauere DirectSPR-Verfahren auch für die Protonentherapie von bewegten Tumoren einzusetzen und damit mehr Patienten von der präziseren Protonenbestrahlung profitieren zu lassen.
Esther Troost, Leiterin der HZDR-Abteilung Bildgeführte Radioonkologie und Dekanin der Medizinischen Fakultät geht davon aus, dass nach einer Testphase das neue PCCT-Gerät schrittweise in die Patientenversorgung eingeführt werden kann: „Neben einer nebenwirkungsärmeren Strahlentherapie wird es gegebenenfalls sogar möglich sein, das individuelle Ansprechen des Tumors auf die Therapie anhand der PCCT-Bilder vorherzusagen und die Bestrahlung darauf anzupassen.“
Insgesamt werden jährlich etwa 2500 Tumorpatienten in der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie bestrahlt. Das neue PCCT-Gerät wird in den nächsten Tagen und Wochen installiert, ab Mitte Juli kann damit gearbeitet werden. Das BMFTR finanziert die Anschaffung des PCCT-Gerätes am OncoRay mit insgesamt zwei Millionen Euro.
HZDR / RK