03.02.2025

Strahlentherapie mit reduzierter Nebenwirkung

Winzige Elektronenbeschleuniger sollen endoskopisch direkt am Tumor für Strahlung sorgen.

Eine Strahlentherapie mit möglichst wenig Nebenwirkungen für Patientinnen und Patienten – daran arbeitet die Forschung intensiv. Ein Projekt des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) will diesem Ziel nun einen Schritt näherkommen: Mit einer neuartigen Technologie könnten Tumore durch einen winzigen Elektronenbeschleuniger direkt im Körper bestrahlt werden, um gesundes Gewebe maximal zu schonen. Das gemeinsame Vorhaben „Ultracompact electron accelerators for internal radiotherapy“ (UCART) wurde als „unkonventionelles Forschungsvorhaben“ in das Wildcard-Programm der Carl-Zeiss-Stiftung aufgenommen und erhält eine Förderung von 900.000 Euro.


Abb.: KIT und DKFZ wollen eine neue Technologie entwickeln, bei der Tumore mit...
Abb.: KIT und DKFZ wollen eine neue Technologie entwickeln, bei der Tumore mit einem winzigen Elektronenbeschleuniger im Körper bestrahlt und gesundes Gewebe maximal geschont wird.

Quelle: IBPT / KIT

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Die Strahlentherapie ist eine feste Säule der Krebsbehandlung: Tumorzellen werden ionisierender Strahlung ausgesetzt, um ihre Erbsubstanz zu schädigen und idealerweise den Tumor zu beseitigen. Zwar wird schon lange an Methoden gearbeitet, die möglichst viel Strahlung auf den Tumor lenken und das umliegende Gewebe schonen. Bislang lässt sich aber nicht verhindern, dass bei der Behandlung von internen Tumoren auch die Haut und gesunde Organe geschädigt werden können.

Ein Team bestehend aus Anke-Susanne Müller und Matthias Fuchs vom Institut für Beschleunigerphysik und Technologie (IBPT) des KIT und Oliver Jäkel vom DKFZ will daher einen neuartigen Elektronenbeschleuniger für die Strahlentherapie entwickeln. Bestehende Bestrahlungsapparate geraten an ihre Grenzen und die Möglichkeiten, sie weiter zu verbessern, sind weitgehend ausgeschöpft. Die Forscher wollen stattdessen eine neue Methode nutzen. „Wir verwenden hochintensives Laserlicht, um Elektronen über kürzeste Distanzen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit zu katapultieren“, so Fuchs. Diese Elektronen werden dann direkt auf den Tumor gelenkt, um diesen zu zerstören. Mit dem lichtgetriebenen Mechanismus könnte die Größe eines Elektronenbeschleunigers um mehr als das 1000-fache reduziert werden, von derzeit etwa einem Meter auf weniger als einen Millimeter. Übrig bliebe ein kompaktes Gerät, kaum breiter als ein Haar, das sich als Aufsatz eines Endoskops in den Körper einführen lässt.

„So könnten Tumore direkt und hochpräzise von innen bestrahlt werden, ohne gesundes Gewebe in Mitleidenschaft zu ziehen – eine völlig neue Herangehensweise“, erklärt Müller. Zudem sei eine andere Wirkweise der Tumorbehandlung durch ultrakurze, aber hochintensive Ladungs- beziehungsweise Strahlendosispulse möglich – ein einziger Behandlungstermin würde dann für die Therapie ausreichen. Erste Tests der Hochdosisleistungstherapie hätten zudem gezeigt, dass zum Beispiel das Immunsystem durch diese Art der Bestrahlung mobilisiert werde und besser auf Metastasen reagiere, so Müller.

Derzeit braucht es allerdings noch Grundlagenforschung, um offene Fragen zu klären. Hier sind Anke-Susanne Müller mit ihrer Erfahrung in der Beschleunigerphysik und Matthias Fuchs als Experte für Hochleistungslaser gefragt. Oliver Jäkel bringt wiederum seine Expertise aus der Medizinphysik ein, wenn es darum geht, die Technologie für die Strahlentherapie zu optimieren und in ein medizinisches Gerät zu integrieren.

Ziel ist ein kompaktes Bestrahlungsgerät, das deutlich weniger Platz, Wartung und auch Strom benötigt als derzeitige medizinische Geräte. Dies könnte eine kostengünstige Produktion ermöglichen und Strahlentherapien weltweit besser zugänglich machen, so die langfristige Vision des Forschungsteams. „Bisher ist der globale Zugang zu solchen Therapien durch die hohen Anforderungen an Infrastruktur und Kosten stark eingeschränkt“, sagt Jäkel. Die Kapazität der derzeitigen Bestrahlungsgeräte sei bei weitem nicht ausreichend und aufgrund der weltweit steigenden Lebenserwartung und damit einhergehend auch der zunehmenden Zahl an Tumorerkrankungen, benötige man zukünftig sogar noch deutlich mehr Bestrahlungsgeräte.

In den nächsten zwei Jahren wird das UCART-Team zunächst einen ersten Demonstrator konstruieren, danach wollen die Forscher gemeinsam mit Industriepartnern den Weg für präklinische Studien bis hin zur Anwendung ebnen. Läuft alles nach Plan, könne die neue Technologie irgendwann ähnlich einfach bedient werden wie Röntgengeräte und in vielen medizinischen Einrichtungen zur Verfügung stehen, erklärt Anke-Susanne Müller. „So wären Krebsbehandlungen für eine größere Zahl von Patientinnen und Patienten verfügbar, von lokalen Arztpraxen bis hin zu Entwicklungsländern.“ 

KIT / DE


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