Strahlentherapie und Elektrosynthese
Interdisziplinäre Forschung am Karlsruher Institut für Technologie von der Carl-Zeiss-Stiftung gefördert.
Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben erfolgreich eine Förderung durch das Programm „CZS Wildcard“ der Carl-Zeiss-Stiftung eingeworben. Im Projekt „UCART” arbeitet die Physikerin Anke-Susanne Müller an einer neuen Methode der Strahlentherapie, bei der Tumore mit einem Elektronenbeschleuniger direkt im Körper bestrahlt werden. Der Elektrobiotechnologe Dirk Holtmann will im Projekt „CoMet2“ ein Verfahren entwickeln, mit dem sich CO2 in wertvolle Chemikalien umwandeln lässt. Mit dem Wildcard-Programm unterstützt die Stiftung unkonventionelle Forschungsvorhaben mit je 900.000 Euro für eine Laufzeit von zwei Jahren.
„Um zu Lösungen für die drängendsten gesellschaftlichen Fragen zu kommen, müssen wir in der Forschung immer wieder auch völlig neue Wege gehen: Genau das tun die mutigen und zukunftsweisenden Projekte von Anke-Susanne Müller und Dirk Holtmann. Wir freuen uns, dass sie ihre Vorhaben mit dem CSZ Wildcard-Programm realisieren können“, sagt Oliver Kraft, Vizepräsident Forschung des KIT.
Im Projekt „Ultracompact electron accelerators for internal radiotherapy (UCART)“ soll ein (sub-)Millimeter großer Elektronenbeschleuniger entwickelt werden, der endoskopisch in den Körper eingebracht werden kann. So könnten Tumore direkt und hochpräzise im Körper bestrahlt werden, ohne dass gesundes Gewebe Schaden nimmt. „Damit beschreiten wir einen neuen Weg in der Strahlentherapie“, sagt Anke-Susanne Müller vom Institut für Beschleunigerphysik und Technologie (IBPT) des KIT. Sie führt das Projekt gemeinsam mit Matthias Fuchs vom IBPT und Oliver Jäkel vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) durch.
Aktuelle Behandlungsmethoden für innere Tumore setzen meist auf Bestrahlung von außen, bei der auch gesundes Gewebe geschädigt wird. Zudem sind die Möglichkeiten, bestehende Bestrahlungsapparate zu verbessern, weitgehend ausgeschöpft. In „UCART“ will das interdisziplinäre Team aus Laser-, Beschleuniger- und Medizinphysik einen physikalischen Effekt nutzen, mit dem sich die Größe von Beschleunigern durch neue, lichtgetriebene Mechanismen zur Elektronenbeschleunigung um mehr als das tausendfache reduzieren lässt. Das übergeordnete Ziel sei es, kostengünstige, ultrakompakte Strahlentherapiegeräte zu schaffen, die ähnlich wie Röntgengeräte bedient werden könnten und in vielen medizinischen Einrichtungen zur Verfügung stünden, so Müller.
„Angesichts steigender CO2-Emissionen, der Erschöpfung fossiler Brennstoffe und des Übergangs zu erneuerbaren Energien brauchen wir dringend neue und effiziente Prozesse, um Chemikalien herzustellen, beispielsweise für Pharmazeutika oder Biokraftstoffe“, sagt Dirk Holtmann vom Institut für Bio- und Lebensmitteltechnik des KIT. Er ist Sprecher des Projekts „Co-cultivation of anaerobic methanogens with aerobic methanotrophs in a bio-electrochemical 200% cell (CoMet2)“, das mit der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität in Kaiserslautern (RPTU) durchgeführt wird.
Forscher aus der Mikrobiologie, Bioinformatik, elektrochemischen Verfahrenstechnik und Bioprozesstechnik wollen hier einen „elektro-biotechnologischen 200%-Reaktor“ entwickeln. Sie nutzen dafür die „mikrobielle Elektrosynthese (MES)“, eine vielversprechende Technologie, bei der Mikroorganismen aus CO2 und Elektrizität Chemikalien herstellen und dabei eine Energieeffizienz von über achtzig Prozent erreichen. Bei dem Reaktorkonzept von „CoMet2“ sollen sowohl an der Anode als auch an der Kathode wertvolle Produkte erzeugt werden - bei herkömmlichen elektrochemischen Systemen entsteht meist nur an einer Elektrode ein nutzbares Produkt.
Die Carl-Zeiss-Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, Freiräume für wissenschaftliche Durchbrüche zu schaffen. Als Partner exzellenter Wissenschaft unterstützt sie sowohl Grundlagenforschung als auch anwendungsorientierte Forschung und Lehre in den MINT-Fachbereichen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Im Rahmen des Programms „CZS Wildcard“ werden Forschungsideen in einem sehr frühen Entwicklungsstadium gefördert. Im Auswahlverfahren werden besonders Originalität, Unkonventionalität und das Potenzial der Anträge bewertet.
KIT / DE