25.09.2017

Dem Ursprung kosmischer Strahlung auf der Spur

Neue Messungen weisen auf eine Quelle in der Nachbar­schaft der Milch­straße hin.

Seit Anfang der 1960er Jahre weiß man von der Existenz hoch­energe­tischer kosmischer Teilchen, die in die Erd­atmo­sphäre eintreten. Seither rätselt die Wissen­schaft, woher diese Teilchen kommen und welcher Prozess ihnen die hohe Energie verleiht. Die aktuelle Entdeckung am Pierre-Auger-Obser­vatorium belegt jetzt erstmals einen extra­galak­tischen Ursprung dieser Teilchen. Die Forscher haben festge­stellt, dass die kosmische Strahlung bevorzugt aus einer Richtung in die Erdatmo­sphäre eintreten, die 120 Grad vom Zentrum der Milch­straße abweicht. Damit können sie nicht aus unserer Galaxie stammen. Ihre eigent­liche Quelle lässt sich zwar noch nicht bestimmen, da die Teilchen auf ihrem Weg zur Erde durch galak­tische und extragalak­tische Magnet­felder stark abgelenkt werden. Aufgrund der Vorzugs­richtung kann ihr Ursprungs­ort jedoch in der kosmo­logischen Nachbar­schaft der Milch­straße ange­nommen werden, die eine hohe Dichte von Galaxien aufweist.

Abb.: Hochenergetische kosmische Strahlung erreicht die Erde aus einer Vorzugsrichtung (rot), die aber nicht mit dem Zentrum unserer Milchstraße übereinstimmt. (Bild: Pierre-Auger-Observatorium / KIT)

„In der Astro­teilchen­physik sind wir zumeist auf Vermu­tungen und Indizien angewiesen, jetzt ist erstmals signi­fikant, dass es eine Vorzugs­richtung gibt, aus der die Strahlung kommt, das bedeutet einen sehr großen Schritt für unsere Forschung“, betont Markus Roth, stellver­tretender Leiter der Gruppe Pierre Auger am Institut für Kern­physik des Karlsruhe Insti­tuts für Tech­nologie. „Die kos­mischen Strahlen sind Bot­schafter, durch die wir etwas über den Ursprung des Universums lernen, sie ermöglichen einen Blick zurück in die Geschichte des Kosmos“, so der Physiker.

Die hochener­getische kosmische Strahlung erreicht unsere Erde nur selten, pro Jahr trifft ein Teilchen auf die Fläche eines Quadrat­kilometers, was nicht einmal einem Einschlag pro Jahr­hundert auf einem durch­schnittlichen Fußball­feld entspricht. Nach­weisen lassen sie sich auf der Erde indirekt: Die kosmische Strahlung selbst dringt nicht bis zum Erdboden vor, sondern stößt in der oberen Erdatmo­sphäre mit Atom­kernen zusammen, wodurch Kaskaden neuer Teilchen – Luft­schauer mit mehr als zehn Milliar­den Teilchen – entstehen, die auf die Erdober­fläche gelangen. Diese Sekundär­teilchen werden mit den Detektor­anlagen des Pierre-Auger-Obser­vatoriums gemessen, das eine Fläche von 3000 Quadrat­kilometern in der argen­tinischen Pampa bei Malargüe umfasst. Dort fangen 1.660 Wasser­tanks, die jeweils zwölf Kubik­meter hoch­reinen Wassers enthalten, sowie 27 Teleskope die indi­rekten Licht­signale der Sekundär­teilchen auf. Die dabei regis­trierten Licht­pulse ermög­lichen Rück­schlüsse auf die Energie und Einfalls­richtung des Ursprungs­teilchens.

Abb.: Das Pierre-Auger-Observatorium in der Argentinischen Pampa in der Provinz Mendoza. (Bild: Pierre-Auger-Observatorium / KIT)

Das Pierre-Auger-Obser­vatorium in der Provinz Mendoza in Argen­tinien ist das weltweit größte Projekt zur Unter­suchung hochener­getischer kos­mischer Strahlung. Mehr als 400 Wissen­schaftler aus 18 Ländern arbeiten in der Forschungs-Kolla­boration zusammen. Aus Deutsch­land sind neben dem KIT die RWTH-Aachen sowie die Univer­sitäten Hamburg, Siegen und Wuppertal beteiligt, wobei das KIT das Projekt­management des Pierre Auger-Obser­vatoriums inne hat und feder­führend für den Aufbau der Fluoreszenz­teleskope verant­wortlich war.

„Seit vier Jahren planen wir die Erwei­terung des Obser­vatoriums zu AugerPrime“, sagt Roth. Durch einen zusätz­lichen Detektor, der in inter­nationaler Zusammen­arbeit am KIT gebaut wird, erwarten die Forscher qualitativ und quantitativ noch präzisere Messungen. Dafür wollen sie ab 2018 Teilchen näher unter­suchen, deren Energie zwischen zehn- und hundertmal höher ist. Sie treten mit einer Wucht in die Erdatmo­sphäre ein, die die Energie eines stark geschla­genen Tennis­balls hat. Da sie leichter und energie­reicher sind, lassen sie sich auf ihrem Weg zur Erde weniger ablenken, deshalb erwarten die Wissen­schaftler durch sie genauere Hinweise auf die Quell­region der hochener­getischen kos­mischen Strahlung. „Wir werden in Zukunft einen viel tieferen Einblick in die Gescheh­nisse des Univ­ersums erhalten“, sagt Roth.

KIT / JOL

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