Den Grundlagen der Thermodynamik auf der Spur
Erstmals Entropie in komplexen Plasmen bestimmt.
Die Übertragung von Energie von einen auf einen anderen Körper ist eng mit der Entropie verbunden. Diese Größe ist von fundamentaler Bedeutung ist und dient als nützliche theoretische Bilanzgröße in der Physik, Chemie und Technik. Doch die Messung der Entropie gestaltet sich oft schwierig. Dietmar Block und Frank Wieben von der Uni Kiel ist es jetzt gelungen, Entropie in komplexen Plasmen zu messen. In einem System von geladenen Mikropartikeln, die sich in diesem ionisierten Gas befinden, konnten die Forscher alle Positionen und Impulse der Partikel gleichzeitig ermitteln. Auf diese Weise waren sie mit ihren Experimenten in der Lage, die Entropie so zu bestimmen, wie es Ludwig Boltzmann um 1880 bereits theoretisch beschrieben hat.
„Uns ist mit unseren Experimenten der Nachweis gelungen, dass im komplexen Plasma als wichtigem Modellsystem die thermodynamischen Grundlagen streng erfüllt werden. Überraschend ist, dass dies für Mikropartikel in einem Plasma gilt, das sich weit weg vom thermodynamischen Gleichgewicht befindet“, erklärt Wieben. In den Experimenten können die Forscher mit einem Laser die thermische Bewegung der Mikropartikel im Plasma gezielt beeinflussen. Die Beobachtung des dynamischen Verhaltens der Partikel in Echtzeit erlaubt es dann die Entropie zu bestimmen.
„Damit legen wir die Basis, um zukünftig fundamentale Untersuchungen zur Thermodynamik in stark gekoppelten Systemen durchführen zu können, die sich auf andere Systeme übertragen lassen“, ist Block überzeugt. Die Vorarbeiten zu diesem Erfolg gehen maßgeblich auf die Ergebnisse und diagnostischen Verfahren zurück, die an der Uni Kiel entwickelt wurden.
Ein alltägliches Experiment verdeutlicht die Bedeutung der Entropie: Schüttet man einen Behälter mit heißem Wasser in einen Behälter mit kaltem Wasser, ist die Mischung kühler als das heiße Wasser und wärmer als das kalte Wasser. Umkehren lässt sich dieser Prozess nicht, er ist nicht reversibel: Wasser mittlerer Temperatur lässt sich nicht in einen Behälter mit heißem und einen mit kaltem Wasser aufteilen.
Der Grund für die Unumkehrbarkeit dieses Prozesses ist die Entropie. Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik besagt, dass die Entropie in einem abgeschlossenen System nicht kleiner werden kann. Beim Mischen von heißem und kaltem Wasser muss die Entropie des Gemisches daher zunehmen. Alternativ lässt sich die Größe Entropie auch mit Ordnung in Verbindung bringen. Stark vereinfacht könnte man sagen, dass Systeme von allein nicht in einen stärker geordneten Zustand übergehen. Ordnung muss man schaffen, Unordnung ergibt sich von allein.
CAU / RK
Weitere Infos:
- Originalveröffentlichung
F. Wieben & D. Block: Entropy Measurement in Strongly Coupled Complex Plasmas, Phys. Rev. Lett. 123, 225001 (2019); DOI: 10.1103/PhysRevLett.123.225001 - Experimental Plasma Physics, Atom- und Plasmaphysik, Institut für experimentelle und angewandte Physik, Sektion Physik, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel