Den Regen für Hydrovoltaik nutzen
Neue Möglichkeit zur Energieerzeugung – und wichtiger Baustein zum Verständnis der Reibungselektrizität.
Ob Kaffeemaschine, Dusche oder Regenschirm: Wassertropfen, die über nicht leitende Oberflächen gleiten, sind an vielen Orten zu finden. Wenn ein Tropfen über eine solche Oberfläche gleitet, erzeugt er eine Ladungsspur – während der Tropfen die entgegengesetzte Ladung sammelt. Obwohl dieses Aufladungsphänomen allgegenwärtig vorhanden ist, ist nur wenig darüber bekannt. Wissenschaftler des MPI für Polymerforschung haben diesen Effekt jetzt genauer untersucht. Dazu ließen sie nacheinander Tropfen über eine geneigte Fläche aus hydrophobem Glas gleiten. Sie maßen die gesammelte Ladung in Abhängigkeit von der Gleitlänge sowie von der Ladung, die durch frühere rutschende Tropfen zurückgelassen wurde.
Sie entwickelten ein theoretisches Modell, das zwei gegensätzliche Effekte kombiniert: die schnelle Deposition von Ladung durch aufeinanderfolgende Tropfen und die langsame Entladung der Oberfläche hinter den Tropfen. „Das Modell passt perfekt zu unseren experimentellen Beobachtungen“, sagt Amy Stetten, eine an der Untersuchung beteiligte Forscherin. Mit ihrem neu entwickelten Modell wollen die Forscher grundlegende physikalische Effekte wie Reibungselektrizität verstehen und auch Oberflächen entwickeln, die diesen Effekt für die Stromerzeugung ausnutzen und verstärken.
Der Effekt könnte genutzt werden, um kleine Mengen an Strom zu erzeugen, insbesondere wenn keine andere Quelle zur Verfügung steht. Das kann beispielsweise bei kleinen, stromsparenden Sensoren in isolierten, regnerischen Umgebungen der Fall sein.
Die Forscher werden die Arbeit fortsetzen, um besser zu verstehen, wie das Material der Oberfläche oder Eigenschaften wie Oberflächenrauhigkeit die Trennung von Ladungen beeinflussen. Sie zielen darauf ab, Materialien herzustellen, die Ladungen effektiver trennen, damit diese Oberflächen für reale Anwendungen genutzt werden können.
MPI-P / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
A. Z. Stetten et al.: Slide electrification: charging of surfaces by moving water drops, Soft Matter 15, 8667 (2019); DOI: 10.1039/c9sm01348b - AK Physik der Grenzflächen (H.-J. Butt), Max-Planck-Institut für Polymerforschung, Mainz